23.11.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 30736

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Beschluss25.08.2021Verwaltungsgericht BerlinVG 10 L 285/21 V
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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss25.08.2021

Auswärtiges Amt zur Erteilung von Visa für eine afghanische Ortskraft und dessen Familie verpflichtetFrühzeitige Beendigung der Ortskräf­te­tä­tigkeit steht Visaerteilung nicht entgegen

Eine in Afghanistan bis 2017 für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) tätige Ortskraft und dessen Kernfamilie können Visa zur Aufnahme nach Deutschland beanspruchen. Das hat das Verwal­tungs­gericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden.

Die Antragsteller, ein Ehepaar und drei Kinder, sind afghanische Staats­an­ge­hörige, die sich in Kabul aufhalten. Der Antragsteller zu 1. war bis September 2017 für die GIZ in der Funktion als "Field Officer" tätig. Da sich die Antragsteller deshalb bedroht sehen, wandten sie sich Anfang August 2021 an die Antragsgegnerin mit dem Ziel der Ausreise. Die Antragsgegnerin lehnte den Erlass einer entsprechenden Aufnah­me­ent­scheidung mit dem Hinweis darauf ab, dass die Tätigkeit des Antragstellers zu 1. bereits seit 2017 beendet sei.

Antragsgegnerin besteht auf ihren außen­po­li­tischen Handlungs­spielraum

Hierauf haben die Antragsteller beim Verwal­tungs­gericht um Eilrechtsschutz nachgesucht. Dies begründen sie damit, dass der Antragsteller zu 1. wegen seiner früheren Zusammenarbeit mit einer internationalen Organisation noch immer in Gefahr sei. Die Taliban suchten nach ihm. 2016 sei er bereits einmal angeschossen worden. Wegen praktizierter Sippenhaft sei auch seine Kernfamilie in Gefahr. Die Antragsgegnerin verteidigt ihre Ablehnung. Ein Anspruch auf Aufnahme bestehe nicht. Andernfalls müssten jeglichen bedrohten afghanischen Staatsbürgern ein solcher Anspruch zustehen. Der Erlass einer Aufnah­me­ent­scheidung stehe in ihrem Ermessen, mit dem ihr außen­po­li­tischer Handlungs­spielraum eingeräumt sei.

Öffentliche Erklärung des Bundes­ent­wick­lungs­mi­nisters über Änderungen der Aufnahmepraxis ausreichend

Die 10. Kammer hat dem Eilantrag stattgegeben. Neben einem Anordnungsgrund, der sich schon aus der Machtübernahme der Taliban und der hieraus erwachsenden Gefahr für Ortskräfte ergebe, sei auch ein Anord­nungs­an­spruch auf Aufnahme mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrschein­lichkeit glaubhaft gemacht. Das der Antragsgegnerin durch § 22 AufenthG grundsätzlich eröffnete Ermessen sei hier infolge der Selbstbindung der Verwaltung auf Null reduziert. Denn anders als die Antragsgegnerin meine, handele es sich vorliegend nicht um beliebige afghanische Staats­an­ge­hörige, sondern um eine Ortskraft und dessen Familie. Wie sich der Berich­t­er­stattung aber entnehmen lasse, seien die Aufnah­me­kri­terien der Antragsgegnerin hinsichtlich Ortskräften unlängst dahin geändert worden, dass ehemalige Ortskräfte und deren Familien auch dann Aufnahme beanspruchen könnten, wenn ihre Tätigkeit zumindest bis 2013 angedauert habe. Deshalb müsse sich der Antragsteller zu 1. die Beendigung seiner Tätigkeit als Ortskraft im Jahr 2017 nicht entgegenhalten lassen. Auch die Volljährigkeit zwei seiner Kinder stehe deren Aufnah­mean­spruch nicht entgegen. Denn auch insoweit habe der Bundes­ent­wick­lungs­mi­nister öffentlich erklärt, die gegenteilige Aufnahmepraxis, die volljährige Kinder von Ortskräften bislang unberück­sichtigt ließ, zu ändern. Das reiche angesichts der außer­ge­wöhn­lichen Umstände aus.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/aw)

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