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Dokument-Nr. 32351

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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss01.11.2022

Bundeskabinett durfte Aussa­ge­ge­neh­migung für Merkel und Seehofer für einen Zivilprozess ablehnenVerschwie­genheits­pflicht besteht auch nach Beendigung ihres Amtsver­hält­nisses weiter

Die ehemalige Bundeskanzlerin und der frühere Bundes­in­nen­mi­nister sind nach einer Eilentscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Berlin daran gehindert, als Zeugen in einem Zivilprozess auszusagen, weil ihnen zu Recht die dafür erforderliche Aussa­ge­ge­neh­migung verweigert wurde.

In einem beim Hanseatischen Oberlan­des­gericht in Hamburg anhängigen zivil­recht­lichen Verfahren begehrt ein früherer Abtei­lungs­leiter im Bundes­mi­nis­terium des Innern die Unterlassung einer Berich­t­er­stattung der "BILD am Sonntag". Diese hatte berichtet, dessen Versetzung in den einstweiligen Ruhestand im Frühsommer 2018 habe ihren Grund in der sog. "Bremer BAMF-Affäre" gehabt. Nach Auffassung des Abtei­lungs­leiters trifft dies nicht zu. Das genannte Zivilgericht hat im September 2021 beschlossen, über die Frage Beweis zu erheben durch Vernehmung der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel und des früheren Bundes­in­nen­mi­nisters Horst Seehofer. Das Bundeskabinett hat es im März 2022 jedoch abgelehnt, die hierfür erforderlichen Aussa­ge­ge­neh­mi­gungen zu erteilen. Durch eine Aussage könnten die Hintergründe des allein auf Vertrauen, Loyalität und Verschwie­genheit beruhenden Verhältnisses zwischen dem Minister und leitenden Beamten seines Hauses offengelegt werden. Eine Zeugen­ein­vernahme könne daher die Erfüllung auch zukünftiger öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren.

Verschwie­gen­heits­pflicht besteht auch nach Beendigung ihres Amtsver­hält­nisses weiter

Hiergegen wendet sich die Axel Springer SE mit einem Eilantrag, den das Verwal­tungs­gericht zurückgewiesen hat. Die Versagung der Erteilung von Aussa­ge­ge­neh­mi­gungen für die beiden früheren Mitglieder der Bundesregierung erweise sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Nach dem Bundes­mi­nis­ter­gesetz seien die Mitglieder der Bundesregierung auch nach Beendigung ihres Amtsver­hält­nisses verpflichtet, über die ihnen amtlich bekannt­ge­wordenen Angelegenheiten Verschwie­genheit zu bewahren. Sie dürften über solche Angelegenheiten ohne Genehmigung der Bundesregierung weder vor Gericht noch außer­ge­richtlich aussagen oder Erklärungen abgeben.

Entschei­dungs­freiheit der Bundesminister in Personalfragen ist zu schützen

Eine Genehmigung solle zwar nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Dies sei hier - was die Verwal­tungs­ge­richte vollumfänglich nachprüfen dürften - der Fall. Eine etwaige Pflicht zur Offenbarung von Vorgängen im Zusammenhang mit der Versetzung eines politischen Beamten in den einstweiligen Ruhestand berührte die Entschei­dungs­freiheit der Bundesminister/-innen in Personalfragen und damit das Recht, den Leitungsbereich eines Ministeriums ohne Recht­fer­ti­gungsdruck mit Vertrau­ens­personen zu besetzen. Anderenfalls sei konkret zu befürchten, dass sich das Wissen um eine mögliche spätere Pflicht, vor Gericht zu Perso­na­l­ent­schei­dungen im Leitungsbereich auszusagen, negativ auf die Ausübung dieser Leitungs­funktion auswirken könnte.

Längeres Zurückliegen des Sachverhalts ist irrelevant

Daran ändere hier auch der Umstand nichts, dass der Sachverhalt bereits eine gewisse Zeit zurückliege. Denn eine anderslautende Entscheidung sei geeignet, auch zukünftige Mitglieder der Bundesregierung bei Entscheidungen über die Versetzung ihrer politischen Beamten in den einstweiligen Ruhestand zu beeinträchtigen. Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/ab)

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