21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.

Dokument-Nr. 33449

Drucken
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Berlin Urteil07.11.2023

Inves­ti­ti­o­ns­prüfung: Erwerb eines Anteils an der PCK-Raffinerie gilt als freigegebenEinstellung des Verfahrens mittels eines Verwaltungsakts wegen fehlender Rechtsgrundlage rechtswidrig

Der Erwerb eines 37,5-prozentigen Anteils an der PCK Raffinerie GmbH (PCK) in Schwedt durch eine österreichische GmbH gilt nach den Vorschriften der Außen­wirtschafts­verordnung als freigegeben. Das hat das Verwal­tungs­gericht Berlin entschieden.

Die Klägerin, eine österreichische GmbH, deren Mutter­ge­sell­schaft in Guernsey ansässig ist, hatte im Juli 2021 von der S. GmbH 37,5 % der Stimm­rechts­anteile an der PCK erworben. Kurz darauf meldete sie das Vorhaben zum Zweck der Inves­ti­ti­o­ns­prüfung beim (damaligen) Bundes­mi­nis­terium für Wirtschaft und Energie, welches ein Prüfverfahren eröffnete. Das Unternehmen R., das ebenfalls Mitge­sell­schafter der Raffinerie ist, machte hierauf von dem ihm eingeräumten Vorkaufsrecht Gebrauch. In der Folge erklärte die Klägerin das Inves­ti­ti­o­ns­prüf­ver­fahren daher für gegenstandslos. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine meldete die Klägerin das Vorhaben "erneut". Da die S. GmbH nunmehr unter Berufung auf den Eintritt des vereinbarten "Long-Stop-Dates" den Vertrag mit der Klägerin kündigte, leitete diese zur Frage des Fortbestandes des Vertrages ein Schieds­ge­richts­ver­fahren ein, das noch nicht beendet ist. Mitte Oktober 2022 stellte das (jetzige) Bundes­mi­nis­terium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) das Inves­ti­ti­o­ns­prüf­ver­fahren der Klägerin ein mit der Begründung, nach der Ausübung des Vorkaufsrechts und der Kündigung des Vertrages fehle es an einem Erwerb als Voraussetzung für die Durchführung eines solchen Verfahrens. Hiergegen hat die Klägerin im November 2022 Klage erhoben. Sie wendet sich im Wesentlichen gegen die Einstel­lungs­ent­scheidung und begehrt zugleich die gerichtliche Feststellung, dass ihr Erwerb der Stimm­rechts­anteile infolge der (erneuten) Meldung des Vorhabens als fiktiv freigegeben nach den Vorschriften der Außen­wirt­schafts­ver­ordnung (AWV) gilt.

Einstellung des Verfahrens mittels eines Verwaltungsakts rechtswidrig

Die Klage hatte überwiegend Erfolg. Die vom BMWK vorgenommene Einstellung des Verfahrens mittels eines Verwaltungsakts sei rechtswidrig gewesen, weil es hierfür an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehle. Ein Verwal­tungs­ver­fahren, das auf Antrag eines Beteiligten eingeleitet worden sei, dürfe grundsätzlich nur mit Zustimmung des Antragstellers eingestellt werden. Dieser Grundsatz sei auf die hier vorliegende Konstellation der bloßen Meldung eines Vorhabens übertragbar. Weder in der AWV noch im Verwal­tungs­ver­fah­rens­gesetz gebe es eine rechtliche Grundlage, um das Verfahren - im Ergebnis zu Lasten des Anmelders einer melde­pflichtigen Transaktion - durch Verfah­ren­s­ein­stellung zu beenden.

Antrag auf Feststellung der fiktiven Freigabe des Anteilserwerb begründet

Auch der Antrag auf Feststellung der fiktiven Freigabe des Anteilserwerbs sei begründet. Das BMWK habe das Verfahren nach der zweiten Meldung nicht - wie es erforderlich gewesen wäre - eröffnet. Die zweimonatige Frist zur erneuten Eröffnung des Prüfverfahrens sei daher bereits Mitte August 2022 verstrichen gewesen. In Folge gelte das Rechtsgeschäft fiktiv als genehmigt. Auch wenn die Realisierung des Erwerbs unsicher sei, hindere dies den Fikti­o­ns­eintritt nicht; dies komme allenfalls in Betracht, wenn der Kaufvertrag offenkundig nicht mehr verwirklicht werden könne. Angesichts des noch anhängigen Schieds­ver­fahrens lasse sich eine solche Wertung hier aber nicht treffen; eine vollumfängliche zivilrechtliche Prüfung könne und dürfe die Behörde selbst nicht vornehmen. Dass die Fiktion am Ende ggf. "ins Leere gehen" könne, weil das Schiedsgericht den Vertrag als beendet ansehe, sei im Gesetz angelegt. Das VG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung beim OVG Berlin-Brandenburg sowie die Sprungrevision zum BVerwG zugelassen.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/ab)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil33449

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI