13.12.2024
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Dokument-Nr. 33303

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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss11.09.2023

Gesundheitsamt darf Nachweis für Masernimpfung fordern und Zwangsgeld androhenNachweis­anforderungen voraussichtlich rechtmäßig

Gesund­heit­sämter dürfen für den Schulbesuch den Nachweis einer Masernimpfung fordern und für den Fall, dass ein Nachweis von den Eltern nicht vorgelegt wird, auch ein Zwangsgeld androhen. Das hat das Verwal­tungs­gericht Berlin in mehreren Eilverfahren entschieden.

Nach dem Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz - IfSG - müssen Personen, die in einer Gemein­schaft­s­ein­richtung betreut werden, über ausreichenden Impfschutz gegen Masern verfügen und dies nachweisen. Hierzu zählen u.a. Schulen. Die minderjährigen Antragsteller, eine Schülerin und zwei Schüler, besuchen jeweils Schulen im Bezirk Treptow-Köpenick von Berlin. Das dortige Gesundheitsamt hatte deren Erzie­hungs­be­rech­tigten zunächst auf die Erfüllung ihrer Verpflichtung hingewiesen; nachdem diese dem nicht nachgekommen waren und auch sonst keine ärztliche Bescheinigung über das Vorliegen einer Immunität gegen Masern oder einer medizinischen Kontra­in­di­kation gegen die Impfung erbracht hatten, forderte die Behörde sie jeweils auf, einen Nachweis für eine Masernimpfung der Kinder vorzulegen und drohte für den Fall der Nichtbefolgung jeweils ein Zwangsgeld von 200,- Euro an. Zur Begründung berief sich die Behörde auf die Gefährlichkeit der Masernkrankheit, die als hochansteckende Viruskrankheit mit schwerwiegenden Komplikationen einhergehen könne. Der Aufbau eines Gemein­schafts­schutzes sei daher wichtig und erst vorhanden, wenn mindestens 95 % der Bevölkerung immun seien. Die Eltern haben jeweils um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht; sie halten die Nachweispflicht, die faktisch eine Impfpflicht bedeute, für verfas­sungs­widrig. Mit der Impfung gingen erhebliche gesundheitliche Risiken einher. Gegen den Willen ihrer Kinder könnten sie die Impfung nicht durchsetzen.

Eingriff in Elternrecht gerechtfertigt

Das VG hat die hiergegen gerichteten Eilanträge zurückgewiesen. Die mit Zwangs­geldan­drohung verbundenen Nachwei­san­for­de­rungen seien aller Voraussicht nach rechtmäßig. Die Bestimmungen des IfSG zur Nachweispflicht seien nicht evident verfas­sungs­widrig, sondern im Gegenteil angesichts der Ausführungen des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts zu nicht-schul­pflichtigen Kindern mit einiger Wahrschein­lichkeit verfas­sungsgemäß. Zwar greife die Nachweispflicht in das Elternrecht aus Art. 6 des Grundgesetzes ein. Die Regelung sei aber verhältnismäßig, weil sie - wie das Bundes­ver­fas­sungs­gericht bereits zur Nachweispflicht bei noch nicht schul­pflichtigen Kindern entschieden habe - einen legitimen Zweck verfolge. Sie könne dazu beitragen, die Impfquote in der Bevölkerung zu erhöhen und damit die Anste­ckungs­gefahr zu reduzieren. Die Masernimpfung weise nach gesicherter wissen­schaft­licher Erkenntnis eine Impfef­fek­tivität von 95 bis 100 % auf und wirke lebenslang. Sie sei auch bei schul­pflichtigen Kindern nicht offenkundig unangemessen. Der mit der Maßnahme verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung stünden nicht evident außer Verhältnis zur Schwere des Eingriffs. Das Elternrecht werde nicht als Freiheit im Sinne einer Selbst­be­stimmung der Eltern, sondern nur als eine solche zum Schutz des Kindes gewährt. Die Ausübung der elterlichen Gesund­heitssorge habe sich daher stets am Kindeswohl zu orientieren.

Kein Vollstre­ckungs­hin­dernis

Auch die Zwangs­geldan­dro­hungen seien nicht zu beanstanden. Insbesondere liege kein Vollstre­ckungs­hin­dernis darin, dass (angeblich) der Wille der Kinder entgegenstehe. Die Antragsteller hätten jeweils nicht glaubhaft gemacht, dass eine dahingehende von der notwendigen Ernsthaftigkeit und Entschlos­senheit getragene erzieherische Einwirkung auf ihre Kinder von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre. Gegen die Beschlüsse kann beim Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg Beschwerde eingelegt werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/ab)

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