21.11.2024
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Dokument-Nr. 28625

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Beschluss09.04.2020Thüringer Oberlandesgericht Jena3 EO 245/20
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Thüringer Oberlandesgericht Jena Beschluss09.04.2020

Corona-Pandemie: Fitnessstudio muss weiterhin geschlossen bleibenEilantrag wegen Schließung eines Fitnessstudios erfolglos

Die Betrie­bs­schließung für Fitnessstudios im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in Thüringen gilt weiterhin. Dies hat das Thüringer Oberverwaltungs­gericht entschieden.

Die vom Thüringer Gesund­heits­mi­nis­terium am 7. April 2020 erlassene Zweite Thüringer Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Zweite Thüringer SARS-CoV-2-Eindäm­mungs­maß­nah­men­ver­ordnung - 2. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO -) bestimmt in ihrem § 5 Abs. 1 Nr. 1 die Schließung u.a. von Fitnessstudios für den Publi­kums­verkehr.

Das Thüringer Oberver­wal­tungs­gericht hat es in einem von einem Betreiber eines Fitnessstudios eingeleiteten Eilverfahren abgelehnt, die Verordnung in Bezug auf Fitnessstudios vorläufig bis zur Entscheidung in einem gegen die Verordnung gerichteten Normen­kon­troll­ver­fahren außer Vollzug zu setzen.

Oberver­wal­tungs­gericht: Schließung des Fitnessstudios ist nicht unver­hält­nismäßig

Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass der Erlass infek­ti­o­ns­schutz­recht­licher Regelungen angesichts der Abwendung erheblicher Risiken für den Einzelnen und die Gesellschaft und damit einhergehender Gefährdungen existentieller Rechtsgüter wie Leib und Leben einerseits und den damit verbundenen gravierenden Beschränkungen grundrechtlich geschützter Freiheitsräume bis hin zu deren vorübergehender Außer­kraft­setzung andererseits schwierigste Rechts- und Tatsachenfragen aufwirft, die im vorliegenden Verfahren nicht abschließend geklärt werden können. Ungeachtet dieser zu einem späteren Zeitpunkt in der Rechtsprechung - nicht zuletzt der Verfas­sungs­ge­richte - zu klärenden Grundsatzfragen, sprächen aber gewichtige Aspekte für die Rechtmäßigkeit der erlassenen und hier konkret angegriffenen Regelung der Betrie­bs­schließung von Fitnessstudios. Die Betrie­bs­schließung habe ihre Rechtsgrundlage im Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz. Es sei nicht ernstlich streitig, dass es sich bei der Coronavirus-Krankheit COVID-19 um eine nach dem Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz zu bekämpfende im ganzen Bundesgebiet verbreitete übertragbare Krankheit handele.

Es komme nicht darauf an, ob die Antragstellerin und ihre Kunden zum Kreis der Kranken oder Krank­heits­ver­dächtigen, gehörten, weil sich Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten auch gegen Dritte richten könnten.

Es gebe gewichtige Gründe, anzunehmen, dass jedenfalls die Untersagung des Betriebs eines Fitnessstudios nicht unver­hält­nismäßig sei.

Der mit den in der Zweiten Thüringer SARS-CoV-2 Eindäm­mungs­maß­nah­men­ver­ordnung getroffenen Regelungen bezweckte Erhalt der Leistungs­fä­higkeit des Gesund­heits­wesens und insbesondere der Krankenhäuser zur Behandlung schwer- und schwers­ter­krankter Menschen stelle ein überragendes Gemein­wohl­in­teresse dar. Die Leistungs­fä­higkeit des Gesund­heits­systems durch geeignete Mittel zu gewährleisten und das Leben und die Gesundheit der durch eine Überforderung des Gesund­heits­systems unmittelbar Gefährdeten zu schützen, sei grundlegende (Schutz-)Aufgabe des Staates.

Es liege auf der Hand, dass es - ungeachtet der unvermeidbaren Kontakte der Beschäftigten untereinander - gerade beim Besuch von Fitnessstudios regelmäßig zu einer Vielzahl von persönlichen Kontakten - sei es mit den Beschäftigten oder anderen Kunden - komme. Außerdem sei durch die Art der sportlichen Betätigung regelmäßig der verstärkte und weiterreichende Ausstoß von - möglicherweise infektiösen - Aerosolen konkret zu befürchten. Die Schließung dieser Art von Sportstätten sei daher grundsätzlich geeignet, die Entstehung von Infek­ti­o­ns­ketten zu vermeiden.

Andere effektive Maßnahmen zur Gefahr­ver­meidung sind nicht ersichtlich

Gleichermaßen wirksame und effektive Maßnahmen zur Gefahr­ver­meidung durch persönliche Kontakte als durch die Schließung der Fitnessstudios seien nicht ersichtlich. Die Erzielung von Einnahmen zum Bestreiten des Lebensbedarfs des Fitness­stu­dio­be­treibers und seiner Mitarbeiter in einem Bereich von gefah­rer­hö­hender Tätigkeit habe vorrübergehend zurückzustehen gegenüber der Durchsetzung überragend gewichtiger Gemein­wohl­belange. Neben der zeitlichen Befristung der Maßnahme sei auch zu berücksichtigen, dass der Bund und der Freistaat zahlreiche Hilfsmaßnahmen beschlossen hätten, die die Existenz von Unternehmen in der Corona-Krise sichern sollen.

Ungeachtet dessen bestehe aber auch für den Verord­nungsgeber eine fortwährende Beobachtungs- und Überprü­fungs­pflicht, ob und inwieweit er an den Einschränkungen festhalte.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Quelle: Thüringer Oberverwaltungsgericht, ra-online (pm/pt)

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