03.12.2024
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Thüringer Oberlandesgericht Jena Beschluss17.01.2012

Rückständiger Unterhalt muss nach einem Jahr geltend gemacht werdenVollstreckung jahrelang aufgelaufener, nicht der Deckung des laufenden Bedarfs dienender Rückstände ist rechts­miss­bräuchlich

Rückständige Unter­halts­for­de­rungen unterliegen der Verwirkung und müssen deshalb binnen Jahresfrist geltend gemacht werden. Anderenfalls droht die Verwirkung. Der rückständige Unterhalt kann dann nicht mehr geltend gemacht (eingeklagt oder auch vollstreckt) werden. Dies entschied das Thüringer Oberlan­des­gericht und berief sich dabei auf die seit mehr als 25 Jahren bestehende ständige Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs.

Im zugrunde liegenden Fall ging es um die Beschwerde einer zwischen­zeitlich 23 Jahre alten (noch zur Schule gehenden) Tochter, die Zwangs­voll­stre­ckungs­maß­nahmen aus einem bereits 2001 gegen ihren Vater ergangenen Unterhaltstitel erst acht Jahre später, nämlich Ende 2009 ergriffen hat.

Amtsgericht erklärt Zwangs­voll­streckung für unzulässig

Gegen die späte Vollstreckung rückständiger Unter­halts­for­de­rungen für die Jahre 2000 bis 2008 in Gesamthöhe von rund 15.000 Euro hat sich der Vater erfolgreich zur Wehr gesetzt. Schon das Amtsgericht hatte die Zwangsvollstreckung auf seine Klage hin für unzulässig erklärt.

Von Unter­halts­gläubiger darf Kümmern um ein zeitnahes Durchsetzen seines Anspruchs erwartet werden

Diese Entscheidung hat das Thüringer Oberlan­des­gericht bestätigt und (zunächst) den Antrag auf Bewilligung von Verfah­rens­kos­tenhilfe und (sodann) auch die Beschwerde der Tochter zurückgewiesen. Das Gericht begründete seine Entscheidungen damit, dass die Ansprüche auf rückständigen Unterhalt für die Zeit bis Mai 2008 wegen nicht zeitnaher Durchsetzung verwirkt seien (§ 242 BGB). Für Unter­halts­rück­stände gelte nichts anderes als für andere in der Vergangenheit fällige Ansprüche. Sie unterliegen der Verwirkung, wenn sich ihre Geltendmachung unter Berück­sich­tigung von Zeit- und Umstandmoment der (vorherigen) Nicht­gel­tend­machung als unzulässige Rechtsausübung darstelle. Mit der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs sei das Zeitmoment bereits nach etwas mehr als einem Jahr erfüllt. Anderenfalls könnten Unter­halts­rück­stände zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen, so das Gericht. Von einem Unter­halts­gläubiger müsse eher als von einem Gläubiger anderer Forderungen erwartet werden, dass er sich zeitnah um die Durchsetzung seines Anspruchs kümmere. Unterhalt solle nämlich der Befriedigung des aktuellen Lebensbedarfs dienen. Die Vollstreckung jahrelang aufgelaufener – also nicht der Deckung des laufenden Bedarfs dienender – Rückstände sei rechts­miss­bräuchlich.

Unter­halts­ansprüche der Tochter verwirkt

Unter Berück­sich­tigung dieser Grundsätze, so das Gericht, seien die Unter­halts­ansprüche der Tochter bis einschließlich Mai 2008 verwirkt. Denn sie habe erstmals im November 2009 Aktivitäten zur Zwangs­voll­streckung aller rückständigen Unter­halts­for­de­rungen veranlasst. Zu diesem Zeitpunkt sei die jüngste Unter­halts­for­derung (für Mai 2008) aber schon mehr als 1 Jahr alt gewesen.

Quelle: Thüringer Oberlandesgericht/ra-online

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