Staatsgerichtshof Bremen Beschluss20.03.2025
FDP-Fraktion in Bremen scheitert mit Eilantrag gegen FinanzpaketBeschluss des Staatsgerichtshofs Bremen
Die FDP-Fraktion in der Bremer Bürgschaft ist mit einem Eilantrag gegen das geplante milliardenschwere Finanzpaket des Bundes gescheitert. Die Richter am Staatsgerichtshof Bremen lehnten den Antrag einstimmig ab. Der Hintergrund der Entscheidung ist, dass die Bremer FDP-Fraktion als Teil eines Landesparlamentes nicht an der Gesetzgebung des Bundes mitwirken könne. Der Beschluss des Staatsgerichtshof Bremen ist unanfechtbar.
Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am 18.03.2025 mit verfassungsändernder Mehrheit unter anderem über eine Modifizierung der im Grundgesetz in Artikel 109 Abs. 3 Satz 1 verankerten Schuldenbremse, nach der die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind, beschlossen. Die Neuregelung soll u.a. den Ländern einen Verschuldungsspielraum bei der Aufstellung ihrer Haushalte einräumen. Die neuen Sätze 5 bis 9 der Vorschrift sollen folgenden Wortlaut erhalten.
"Von den zu berücksichtigenden Einnahmen aus Krediten ist der Betrag abzuziehen,um den die Verteidigungsausgaben 1 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt übersteigen. Die Gesamtheit der Länder entspricht Satz 1, wenn diedurch sie erzielten Einnahmen aus Krediten ,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Die Aufteilung der für die Gesamtheitder Länder zulässigen Kreditaufnahme nach Satz 6 auf die einzelnen Länder regelt einBundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates. Die nähere Ausgestaltung für dieHaushalte der Länder regeln diese im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen. Bestehende landesrechtliche Regelungen, die hinter der gemäß Satz 7 festgelegten Kreditobergrenze zurückbleiben, treten außer Kraft."
Für die Wirksamkeit der Grundgesetzänderung ist die Zustimmung von zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates notwendig
Das Gesetz bedarf zu seiner Wirksamkeit nach Art. 79 Abs. 2 des Grundgesetzes der Zustimmung von zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates. Der Bundesrat wird hierüber in seiner Sitzung am 21.03.2025 beraten und voraussichtlich entscheiden.
Die Fraktion der FDP in der Bremischen Bürgerschaft hat am 19.03.2025 den Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen angerufen,
1. mit dem Antrag festzustellen, dass der Senat der Freien Hansestadt Bremen durcheine im Bundesrat abgegebene Zustimmung zur Änderung des Art. 109 Abs. 3 GG das Recht der Bürgerschaft auf Mitwirkung bei der Änderung der Landesverfassung sowieseine Verpflichtung zur Verfassungsorganstreue gegenüber der Bürgerschaft verletzenwürde
2. mit dem Antrag, dem Senat im Wege der einstweiligen Anordnung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, im Bundesrat einer Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere dessen Art. 109 Abs. 3, zuzustimmen, die einer Änderung der Landesverfassung gleichkäme.
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Zur Begründung ihres unter Ziff. 2 gestellten Eilantrages hat die Antragstellerin vorgetragen,ohne die erstrebte einstweilige Anordnung drohten unumkehrbare schwerste Rechtsverletzungen zum Nachteil der Bremischen Bürgerschaft in ihrem Recht zur Mitwirkung an Änderungender Landesverfassung aus Art. 125 der Bremischen Landesverfassung. Sie, die Antragstellerin, sei berechtigt, die Rechte der Bürgerschaft, deren Verletzung drohe, geltend zu machen.
Durch die Einfügung des Satzes "Bestehende landesrechtliche Regelungen, die hinter der gemäß Satz 7 festgelegten Kreditobergrenze zurückbleiben, treten außer Kraft", beinhalte die geplante Grundgesetzänderung auch eine Änderung der Landesverfassung (über die Regelung der Schuldenbremse - Art. 131a LV), ohne dass die Bremische Bürgerschaft hieran hätte mitwirken können. Sei das Grundgesetz erst einmal geändert, könne aus Landessicht an dem Eingriff in die Landesverfassung nichts mehr geändert werden. Es sei dem Senat verboten, die in der Landesverfassung garantierten Rechte der Bürgerschaft durch sein Abstimmungsverhalten im Bundesrat zu untergraben und faktisch zu entwerten. Zu einer Änderung der Landesverfassung sei der Bund nicht berechtigt. Im Übrigen bleibe unklar, was genau aus dem bisherigen Landesverfassungsrecht außer Kraft trete.
Der Staatsgerichtshof Bremen hat mit Beschluss vom 20.03.2025, den Eilantrag abgelehnt (vgl. auch ein entsprechendes Verfahren der FDP-Fraktion des Landes NRW: NRW-Landesregierung darf Änderung der Schuldenbremse im Bundesrat zustimmen). Die Organklage in der Hauptsache sei offensichtlich unzulässig. Die Antragstellerin als Teil des Landesparlaments wirke nicht an der Gesetzgebung des Bundes, umdie es hier gehe, mit. Die Mitwirkung der Länder an der Gesetzgebung des Bundes erfolgedurch den Bundesrat, der aus Mitgliedern der Regierungen der Länder bestehe.
Die Bürgerschaft habe auch kein Weisungsrecht zum Abstimmungsverhalten im Bundesrat. Die Bürgerschaft sei auch nicht in ihren Rechten bei der Änderung der Landesverfassung (Art.125 BremLV) verletzt. Die Regelung betreffe die Änderung der Landesverfassung durch einLandesgesetz. Aus der Landesverfassung ergebe sich auch kein vor dem Staatsgerichtshofdurchsetzbares Recht des Landtages, dass die vom Senat bestellten Bundesratsmitgliederkeinem mutmaßlich verfassungswidrigen Gesetzesvorhaben zustimmten. Die Verfassungsgerichtsbarkeit dürfe nicht in den laufenden Beratungsprozess eines Verfassungsorgans eingreifen. Zudem sei die Kontrolle der Vereinbarkeit eines verfassungsändernden Bundesgesetzesmit Art. 79 Abs. 3 GG dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten.
Der einstimmig ergangene Beschluss ist nicht anfechtbar.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.03.2025
Quelle: Staatsgerichtshof Bremen, ra-online (pm/pt)