Sozialgericht Konstanz Urteil20.08.2019
Kurze Mithilfe bei der Strohernte unter Verwandten ist kein versicherter ArbeitsunfallTätigkeit stellt keine sogenannte "Wie-Beschäftigung" dar
Das Sozialgericht Konstanz hat entschieden, dass eine kurze Mithilfe bei der Strohernte unter Verwandten nicht als versicherter Arbeitsunfall anerkannt werden kann.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 1953 geborene Kläger aus dem Landkreis Sigmaringen ist Rentner und war Inhaber eines Elektrobetriebs. Er half auf Bitten seines Cousins mit beim Beladen eines Anhängers mit Strohballen, da aufgrund schlechter Wettervorhersage Eile geboten war. Das Stroh war für die Pferde der Tochter des Klägers bestimmt. Die Pferde waren auf dem landwirtschaftlichen Gelände der Ehefrau des Klägers untergebracht. Auf abschüssigem Gelände kamen die Strohballen ins Rutschen, der Kläger fiel vom Anhänger und verletzte sich schwer.
Hilfe in der Landwirtschaft unter Verwandten ist übliche Gefälligkeit
Das Sozialgericht Konstanz entschied, dass es auf die Beziehung des Klägers zu seinem Cousin, nicht zu seiner Tochter ankomme, die am Unfalltag auch nicht vor Ort war. Bei der Tätigkeit handele es sich nicht um eine sogenannte "Wie-Beschäftigung", für die Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe. Die Arbeit des Klägers hätte insgesamt maximal drei Stunden gedauert und sei gerade in der Landwirtschaft unter Verwandten eine übliche Gefälligkeit. Dies gelte umso mehr, als der Kläger und sein Cousin sich üblicherweise gegenseitig aushalfen.
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Hintergrundinformation:
Nach § 2 Abs. 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) sind in der gesetzlichen Unfallversicherung Personen versichert, die wie Beschäftigte tätig werden. Es geht dabei um Tätigkeiten, die zwar nicht sämtliche Merkmale einer Beschäftigung aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer solchen ähneln (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.03.2014 - L 17 U 370/12). Versicherungsschutz als Wie-Beschäftigter kommt bei Gefälligkeitsleistungen unter Verwandten nicht in Betracht, wenn die Tätigkeit im Wesentlichen durch die familiären Beziehungen zwischen den Verwandten geprägt ist. Dabei sind neben der Stärke der verwandtschaftlichen Beziehungen die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere Art, Umfang und Zeitdauer der vorgesehenen Tätigkeit (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2018 - L 3 U 4257/17).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.10.2019
Quelle: Sozialgericht Konstanz/ra-online (pm/kg)