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Sozialgericht Heilbronn Urteil15.11.2017
Mehr als 500 Helferstunden von Verwandten für Hausneubau können Gefälligkeitsleistung seinGericht hebt Beitragsbescheide für Unfallversicherung gegenüber privaten Bauherren auf
Das Sozialgericht Heilbronn hat entschieden, dass auch mehr als 500 Helferstunden von Verwandten für einen Hausneubau Gefälligkeitsleistung sein können. Ein privater Bauherr ist somit nicht als Unternehmer im Hinblick auf eine Unfallversicherung beitragspflichtig.
Im zugrunde liegenden Streitfall errichtete das klagende Ehepaar ein Wohnhaus mit Garage und Carport in Eigenleistung. Während der Bauphase von Juni 2012 bis November 2014 wurden sie unterstützt von ihren Vätern und Brüdern, welche an Samstagen Erd-, Maurer-, Schalungs- und Betonbearbeiten in einem Umfang von zusammen mehr als 500 Stunden verrichteten.
Bau-Berufsgenossenschaft fordert Zahlung von Unfallversicherungsbeiträgen
Die Bau-Berufsgenossenschaft (Bau-BG) forderte von dem Ehepaar daraufhin für die geleisteten Helferstunden Unfallversicherungsbeiträge in Höhe von knapp 1.000 Euro. Die erbrachte Helferstundenzahl überschreite den Rahmen einer familiären Gefälligkeit. Die unfallversicherten Helfer hätten zudem nicht lediglich einfachere Handreichungen, sondern handwerkliche Leistungen von erheblichem Gewicht erbracht. Sie seien für das Ehepaar wie Beschäftigte tätig und daher unfallversichert gewesen.
Art und Umfang der Tätigkeiten sprechen nicht gegen Gefälligkeitsleistung
Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das Sozialgericht Heilbronn hob die Beitragsbescheide der Bau-BG auf. Das Ehepaar sei nicht als Unternehmer beitragspflichtig und ihre Familienangehörigen für sie nicht wie Beschäftigte tätig gewesen. Eine unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit als "Wie-Beschäftigter" ähnele in ihrer Grundstruktur einer abhängigen Beschäftigung. Sie setze voraus, dass eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht werde, die sonst abhängig Beschäftigte ausüben. Allerdings seien Gefälligkeitsleistungen, die durch das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den beteiligten Personen geprägt seien, nicht unfallversichert. Hier sei die Beziehung zwischen den Klägern und ihren Helfern durch regelmäßige Familientreffen und gegenseitige Unterstützung wie z.B. bei Autoreparaturen, Renovierungen, Umzügen und finanziellen Angelegenheiten bestimmt. Auch Art und Umfang der Tätigkeiten sprächen nicht gegen eine Gefälligkeitsleistung. Denn die von den Helfern durchgeführten Bauarbeiten seien nicht derart gefährlich gewesen, dass diese über eine Gefälligkeitsleistung hinausgingen. In der Gesamtsumme lägen zwar geleistete Helferstunden in erheblichem Umfang vor. So hätten die Verwandten die Kläger während der Rohbauphase wöchentlich unterstützt. Es gebe aber keine starre Stundengrenze, ab wann eine Gefälligkeitsleistung ausgeschlossen sei. Zudem betrage der durchschnittliche Umfang der erbrachten Hilfeleistung über den gesamten Zeitraum für jeden Helfer wöchentlich weniger als 3 1/2 Stunden, was angesichts der engen familiären Bindung für eine Gefälligkeit spreche.
Hinweis zur Rechtslage:
§ 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]:
(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte [...]
(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. [...]
§ 150 SGB VII
(1) 1 Beitragspflichtig sind die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. [...]
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.12.2017
Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online
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