Sozialgericht Osnabrück Beschluss27.01.2020
Kürzung von Asylbewerberleistungen bei Zuständigkeit eines anderen Staates für Durchführung des Asylverfahrens verfassungsgemäßGesetzgeber kann Anreize zur freiwilligen Ausreise in das für das Asylverfahren zuständige Land auch durch Leistungskürzungen setzen
Das Sozialgericht Osnabrück hat in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Rechtmäßigkeit einer Leistungskürzung nach Abweisung eines Asylantrages wegen Zuständigkeit eines anderen Staates für die Durchführung des Asylverfahrens bestätigt.
Der Antragsteller des zugrunde liegenden Falls ist sudanesischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben im August 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Während des Asylverfahrens wurde bekannt, dass er bereits im Juni 2017 einen Asylantrag in Frankreich gestellt hatte. Im September 2019 lehnte daher das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Antrag auf Gewährung von Asyl als unzulässig ab, da Frankreich wegen des dort gestellten Asylantrags für das Asylverfahren zuständig sei.
Landkreis gewährt nur eingeschränkte Leistungen
Der Antragsteller erhielt zunächst ungekürzte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Für die Zeit ab dem 13. Oktober 2019 wurden ihm vom zuständigen Landkreis (Antragsgegner) dann nur noch eingeschränkte Leistungen zur Deckung des Bedarfes an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt (Leistungseinschränkung nach § 1 a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG).
SG bejaht Rechtmäßigkeit der Leistungskürzung
Das Sozialgericht Osnabrück, an das sich der Sudanese mit einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die Leistungskürzung gewandt hatte, entschied, dass die Leistungsabsenkung rechtmäßig ist. Entscheidend sei nach Auffassung des Gerichts nur, dass der gestellte Asylantrag unzulässig ist, da ein anderes Land (hier Frankreich) nach dem sogenannten Dublin-Verfahren zuständig sei. Auf ein Fehlverhalten durch den Antragsteller komme es nach der anzuwendenden Vorschrift nicht an.
Entscheidung des BVerfG zur Kürzung des Regelsatzes nicht auf Asylbewerberleistungsrecht übertragbar
Die von dem Antragsteller geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt das Gericht nicht. Der Gesetzgeber könne Anreize zur freiwilligen Ausreise in das für das Asylverfahren zuständige Land auch durch Leistungskürzungen setzen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus November 2019 zu den Sanktionen im Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II - "Hartz IV"), wonach Kürzungen von mehr als 30 % des Regelsatzes zur Eingliederung in Arbeit nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind, lasse sich zur Überzeugung des Gerichts nicht auf das Asylbewerberleistungsrecht übertragen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich im genannten Urteil nur mit der Leistungskürzung zur Eingliederung in Arbeit und den dortigen Vorschriften befasst.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.03.2020
Quelle: Sozialgericht Osnabrück/ra-online (pm/kg)