18.10.2024
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Dokument-Nr. 31230

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Urteil02.07.2021Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht17 U 15/21
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Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil02.07.2021

Schufa darf Daten eines Insol­venz­schuldners nicht länger verwerten als sie im "Insolvenz­bekanntmachungs­portal" veröffentlicht sein dürfenLöschungs­an­spruch gegen die Schufa Holding AG

Ein Insol­venz­schuldner hat einen Löschungs­an­spruch gegen die Schufa Holding AG, wenn sie diese Daten aus dem Insolvenz­bekanntmachungs­portal ohne gesetzliche Grundlage länger speichert und verarbeitet als in der Verordnung zu öffentlichen Bekannt­ma­chungen in Insol­venz­ver­fahren im Internet (InsoBekVO) vorgesehen. Dies hat das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht entschieden.

Über das Vermögen des Klägers wurde das Insol­venz­ver­fahren eröffnet und schließlich wurde ihm am 11. September 2019 durch das Amtsgericht die Restschuld­be­freiung erteilt. Diese Information wurde im amtlichen Internetportal veröffentlicht. Die Schufa kopierte die Daten von dort und pflegte sie in ihren Datenbestand ein, um Vertrags­partnern diese Daten bei Auskunfts­an­fragen zum Kläger mitzuteilen. Der Kläger begehrte die Löschung der Daten von der Schufa, da die Verarbeitung zu erheblichen wirtschaft­lichen und finanziellen Nachteilen bei ihm führe. Eine unein­ge­schränkte Teilhabe am Wirtschaftsleben sei ihm nicht möglich. Er könne aufgrund des Eintrags kein Darlehen aufnehmen, keinen Mietkauf tätigen und keine Wohnung anmieten. Derzeit könne er nicht einmal ein Bankkonto eröffnen. Die Schufa wies die Ansprüche des Klägers zurück und verwies darauf, dass sie die Daten entsprechend der Verhal­tens­regeln des Verbandes "Die Wirtschafts­aus­kunfteien e.V." erst drei Jahre nach Speicherung lösche. Die Daten seien bonitäts­re­levante Informationen und daher für die Vertragspartner der Schufa von berechtigtem Interesse. Das Landgericht Kiel hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers vor dem 17. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts hatte Erfolg.

Kläger kann von der Schufa die Löschung der Daten verlangen

Der Kläger kann von der Schufa die Löschung der Daten sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichts über die Restschuld­be­freiung verlangen. Nach Ablauf dieser Frist steht die weitere Verarbeitung durch die Schufa im Widerspruch zu § 3 Abs. 2 InsoBekVO und ist daher nicht mehr rechtmäßig im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f) Datenschutz-Grundverordnung. Werden die Daten des Klägers unrechtmäßig verarbeitet, kann er die Löschung dieser Information nach Art. 17 Abs. 1 lit. d) Datenschutz-Grundverordnung von der Schufa verlangen und hat einen Anspruch auf künftige Unterlassung dieser Daten­ver­a­r­beitung.

Schufa kann sich nicht auf berechtigte Interessen von Dritten berufen

Die Schufa kann sich nicht darauf berufen, dass die Daten­ver­a­r­beitung rechtmäßig sei, da sie ihren oder den berechtigten Interessen von Dritten diene. Ein Interesse kann nur dann berechtigt sein, wenn es nicht im Widerspruch zur Rechtsordnung oder den Grundsätzen von Treu und Glauben steht. Die Verarbeitung durch die Schufa steht aber nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung von § 3 Abs. 2 InsoBekVO, wonach die Information zur Entscheidung über die Restschuld­be­freiung nur sechs Monate im Internetportal zu veröffentlichen ist. Die Verarbeitung und Weitergabe dieser Information an eine breite Öffentlichkeit durch die Beklagte kommt einer Veröf­fent­lichung im Internet gleich und ist daher nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist zu unterlassen.

Die Schufa kann sich nicht auf die Verhal­tens­regeln des Verbandes der Wirtschafts­aus­kunfteien berufen. Diese Verhal­tens­regeln entfalten keine Rechtswirkung zulasten des Klägers und stehen im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, ra-online (pm/pt)

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