18.10.2024
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Dokument-Nr. 32119

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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil22.08.2022

Orkantief „Christian“: Winterlager haftet für beschädigte YachtUnfachmännische Lagerung als grob fahrlässig zu werten

Bei unsachgemäßer Einlagerung eines Schiffes im Winterlager haftet der Lagerbetreiber auch dann, wenn die Vereinbarung mit dem Yacht-Eigentümer als „Miet-Vereinbarung“ bezeichnet wurde. Das hat das Schleswig-Holsteinischen Oberlan­des­gericht entschieden.

Die Yacht eines Bootseigners fiel im Oktober 2013 beim Orkantief „Christian“ im Winterlager vom Lagerbock. Unter anderem bohrte sich eine Stütze des Lagerbocks in den Schiffsrumpf. Es entstand ein Sachschaden von mehr als 100.000 Euro. Die Versicherungen des Yacht-Eigentümers beglichen ihm den Schaden und verklagten die Lager­be­treiberin auf Erstattung. Nur wenige Tage vor dem Sturm hatten Mitarbeiter der Lager­be­treiberin die Yacht mit einem Kran aus dem Wasser gehoben und auf einen Lagerbock der Betreiberin gesetzt. Zwischen die Ablageflächen und den Rumpf brachten die Mitarbeiter mit Teppichresten abgedeckte Holzkeile an. Der Kiel lagerte auf einer lose aufliegenden Stahlschwelle. Die Yacht stand auf einer Freifläche. Der Eigentümer deckte sie mit einer Plane ab.

LG weist Klage unter Anwendung von Mietver­trags­ver­hältnis ab

Das Landgericht wies die Klage ab. Das Vertrags­ver­hältnis bezüglich des Stellplatzes und des Lagerbocks sei als Mietvertrag anzusehen. Ein Mangel des Stellplatzes oder des Lagerbocks sei nicht erkennbar. Eine besondere Beschaffenheit hätten die Vertrags­parteien nicht vereinbart. Selbst wenn die Betreiberin fahrlässig einen zu kleinen Lagerbock zur Verfügung gestellt haben sollte, sei eine Haftung aufgrund ihrer Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen wirksam für Sachschäden ausgeschlossen. Besondere Verwahr­pflichten treffe das Winterlager nicht. Gegen das Urteil des Landgerichts richtete sich die Berufung der Versicherungen.

OLG: Lager­ver­tragsrecht anwendbar

Nach Auffassung des OLG haftet die Betreiberin des Winterlagers für die Schäden nach §§ 475 S. 1 HGB, 86 Abs. 1 Satz 1 VVG aus einem Lagervertrag. Auf die vertragliche Vereinbarung ist Lagervertragsrecht anwendbar, auch wenn der Vertrag als „Miet-Vereinbarung“ bezeichnet worden ist. Anders als bei einem Mietvertrag schuldet der Lagerbetreiber die ordnungsgemäße Aufbewahrung der Sache. Die Qualifizierung als Lagervertrag ergibt sich insbesondere aus der tatsächlichen Handhabung der Vertragspartner. Es waren – so ergab es die Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats – ausschließlich die Mitarbeiter der Betreiberin, die eigen­ver­ant­wortlich die Yacht lagerten. Dem Eigentümer wurden keine Hinweise zu einer zusätzlichen Sicherung des Bootes gegeben. Für das Vorliegen eines Lagervertrags spricht auch, dass dem Bootseigentümer kein besonderer Stellplatz zugewiesen wurde. Nach dem Vertrag durfte die Betreiberin die Yacht auch später bei Bedarf an einen anderen Platz stellen.

Lagerung in höchstem Maße unfachmännisch

Die Lager­be­treiberin und ihre Mitarbeiter handelten grob fahrlässig, weil erkennbar war, dass die Yacht kaum seitlich abgestützt war, und weil man an der Ostseeküste stets mit starkem Seitenwind rechnen muss. Die Abstützung des Gewichts des Schiffes von knapp 9 t auf einer losen Stahlschiene mit diversen Hölzern dazwischen wirkt von vornherein in höchstem Maße unfachmännisch. Durch das Abdecken mit einer Plane ist der Schiffseigner nicht mitver­ant­wortlich für den Schaden. Zwar kann eine solche Plane eine erhöhte Windlast verursachen. Die Lager­be­treiberin hätte jedoch auf die Risiken der Verpackung mit einer Plane hinweisen müssen und tat dies zur Überzeugung des OLG nicht.

Quelle: Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht, ra-online (pm/ab)

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