21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 32848

Drucken
Urteil03.11.2020Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht11 U 61/20
ergänzende Informationen

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil03.11.2020

Land haftet nicht für alle Folgen von WolfsangriffenFehlende gesetzliche Grundlage lässt Schadens­ersatz­anspruch entfallen

Greift ein Wolf eine Schafherde an und kommt es infolge des Angriffs zu Fehlgeburten bei trächtigen Schafen, so können die Schafhalter für diese Folgen des Angriffs keinen Schadensersatz vom Land Schleswig-Holstein verlangen. Das hat das Schleswig-Holsteinischen Oberlan­des­ge­richts entschieden.

Die Kläger sind landwirt­schaftliche Schafhalter und -züchter. Im Spätherbst 2018 griff ein Wolf mehrfach eine Schafherde der Kläger an. Die Angriffe führten zum Verlust von insgesamt 12 Schafen. Bei weiteren 140 trächtigen Schafen soll es durch die Wolfsangriffe zum „Verlammen“ (Abort) gekommen sein. Ende November 2018 überwand der Wolf dann bei einem anderen Schafhalter eine als wolfsicher eingestufte Einzäunung. Im Januar 2019 erteilte das beklagte Land eine Genehmigung zur Tötung des Tieres. Der Wolf wurde im Januar 2020 in Niedersachsen überfahren.

Kläger verlangen Schadensersatz und absoluten Schutz ihrer Schafherden

Für die gerissenen Schafe beantragten die Kläger bei dem beklagten Land Schleswig-Holstein Zuwendungen nach der sog. Wolfsrichtlinie. Im vorliegenden Verfahren verlangen die Kläger darüber hinaus Schadensersatz wegen der behaupteten Aborte bei den 140 trächtigen Schafen und wollen festgestellt wissen, dass das beklagte Land zum Ersatz von Schäden durch Wolfsangriffe auf ihre Herden verpflichtet ist. Die Kläger sind der Auffassung, das Land müsse einen absoluten Schutz vor Übergriffen durch Wölfe in Schafherden sicherstellen. Es sei verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen, wie beispielsweise einen Zaun an der dänischen Grenze, ein Eindringen von Wölfen in Schleswig-Holstein zu unterbinden und Wölfe sofort einzufangen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Kein Anspruch auf wolffreie Gebiete

Die Berufung der Kläger hatte keinen Erfolg und wurde vom Schleswig-Holsteinischen Oberlan­des­ge­richts zurückgewiesen. Den Klägern steht der geltend gemachte Schaden­s­er­satz­an­spruch nicht zu, denn es fehlt an einer gesetzlichen Grundlage für einen derartigen Anspruch. Eine Amtspflichtverletzung durch Beamte des beklagten Landes liegt nicht vor. Es gibt kein Gesetz, wonach das Land Schleswig-Holstein verpflichtet ist, die Anwesenheit von Wölfen in Schaf­zucht­ge­bieten im Land zu verhindern. Das gilt sowohl für die von den Klägern vorgeschlagene Einzäunung der Staatsgrenze als auch für die Betäubung und Verbringung der Wölfe. Die in § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 Bundes­na­tur­schutz­gesetz vorgesehene Genehmigung zum Abschuss des Wolfes hat das beklagte Land zutreffend erteilt, nachdem der Wolf die als wolfsicher geltenden Schutzmaßnahmen überwunden hat.

Schutz des Eigentums durch Verwal­tungs­vor­schriften bereits geregelt

Auch soweit das beklagte Land verpflichtet ist, das Eigentum und die Berufsfreiheit der Kläger zu schützen, stehen den Klägern keine Entschä­di­gungs­ansprüche zu. So hat das beklagte Land bereits Verwal­tungs­vor­schriften zur Entschädigung von Landwirten für Wolfsangriffe erlassen. Weiterhin hat es Regelungen geschaffen, nach denen den Landwirten Unterstützung bei der Schaffung von Schutzmaßnahmen gegen Wölfe geleistet wird. Es liegt deshalb kein Unterlassen des Gesetz- oder Verord­nungs­gebers vor, das zu einer Entschä­di­gungs­pflicht des beklagten Landes führen könnte. Weitergehende Entschä­di­gungs­re­ge­lungen können nicht durch die Rechtsprechung geschaffen werden. Dies ist die Aufgabe des Gesetzgebers.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, ra-online (pm/ab)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil32848

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI