21.11.2024
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Sie sehen einen Jäger, der in der Dämmerung mit geschultertem Gewehr einen Hügel hinaufgeht.
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss09.03.2016

Geldbuße bei Abschuss eines Wildschweins in der Schonzeit nicht immer gerechtfertigtFehlerhafte Alters­be­stimmung beim Abschuss von Wildschweinen kann nicht zwingend als fahrlässiger Schon­zeit­verstoß gewertet werden

Beobachtet und erfasst ein Jäger alle äußeren Merkmale zur Alters­be­stimmung eines Wildschweins sorgfältig und irrt er sich trotzdem über das Alter des Tieres, so stellt dies keinen derart schwerwiegenden Verstoß gegen die Jagdgesetze dar, dass dieser Verstoß mit einer hohen Geldbuße zu bestrafen ist. Dies entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht und stellte damit ein Bußgeld­ver­fahren gegen einen Jäger ein.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein 76jähriger Jäger war im Mai 2015 auf Wildschweinjagd in Ostholstein. Zu dieser Zeit ist nur die Jagd auf Wildschweine im ersten Lebensjahr (Frischlinge) und auf solche im zweiten Lebensjahr (Überläufer) erlaubt. Für alle übrigen Wildschweine besteht Schonzeit. Nachdem der Jäger mit seinem Fernglas ein einzelnes Wildschwein beobachtet hatte und es auf Grund seiner Größe, Statur und anderer Merkmale für einen weiblichen Überläufer (Überläuferbache) hielt, erlegte er das Tier. Der herbeigerufene Förster untersuchte später das Gebiss des Wildschweins. Er meinte, dass das Schwein älter als zwei Jahre sein müsse und zeigte den Jäger bei der Jagdbehörde an. Diese ließ das Gebiss des Tieres vom Kreis­jä­ger­meister und dem Kreisveterinär untersuchen, die ebenfalls zum Ergebnis kamen, dass das Wildschwein mindestens zwei Jahre alt sein müsse. Daraufhin warf die Jagdbehörde dem Jäger vor, dass er bei Zweifeln über das Alter nicht auf das Tier hätte schießen dürfen. Sie verhängte gegen den Jäger ein Bußgeld in Höhe von 500 Euro.

Amtsgericht verhängt Geldbuße wegen fahrlässigen Schon­zeit­ver­stoßes

Der Jäger legte dagegen Einspruch ein, denn er war sich anhand der für ihn erkennbaren Merkmale sicher, eine Überläuferbache vor sich gehabt zu haben. Das Verfahren wurde vor dem Amtsgericht fortgesetzt. Dort traten der Förster und der Kreis­jä­ger­meister als Sachverständige auf und erläuterten, dass anhand der Ausformung der Schneidezähne des Tieres zu erkennen sei, dass dieses mindestens zwei Jahre alt sei. Die Sachver­ständigen waren sich jedoch nicht einig, woran der Jäger das Alter des Wildschweines von seinem Hochsitz aus hätte erkennen können. Das Amtsgericht verurteilte den Jäger im Oktober 2015 wegen eines fahrlässigen Schon­zeit­ver­stoßes nach dem Bundes­jagd­gesetz zu einer Geldbuße in Höhe von 500 Euro.

Alter­ser­mittlung des Tiers anhand der Ausformung der Schneidezähne für Verurteilung wegen einer Ordnungs­wid­rigkeit nicht ausreichend

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht stellte demgegenüber das Bußgeld­ver­fahren mit Zustimmung der Staats­an­walt­schaft ein. Das Gericht hielt es nicht für erwiesen, dass es sich bei dem Tier um ein mindestens zwei Jahre altes Wildschwein gehandelt habe. Die Methode der Alter­ser­mittlung anhand der Ausformung der Schneidezähne reiche zwar für jagdliche Zwecke aus, nicht aber für eine Verurteilung wegen einer Ordnungs­wid­rigkeit, denn bei dieser Methode handele es sich lediglich um einen vereinfachten Bestim­mungs­sch­lüssel für jagdpraktische Zwecke. Um jedoch die für eine Verurteilung erforderliche Sicherheit über das Alter des Wildscheines zu erlangen, hätte eine präzisere Alters­be­stimmung durchgeführt werden müssen. Es hätten der Zahnabschliff und das Vorhandensein des dritten Backenzahns beurteilt werden müssen. Das sei nicht geschehen. Zwar liege der Unterkiefer des Wildschweins noch tiefgefroren bei der Jagdbehörde, so dass eine weitere Aufklärung möglich sei. Dieser Aufwand werde jedoch der Bedeutung des Falles nicht gerecht, denn der Jäger habe kein einziges Merkmal missachtet, das deutlich für ein zwei Jahre altes Wildschwein und gegen ein jüngeres Tier spräche. Er habe das Tier längere Zeit mit einem Fernglas beobachtet und die zutreffend erkannten äußerlichen Merkmale wie beispielsweise Fellfarbe, Gewicht, Körperbau und Gesam­t­er­scheinung des Tieres in seine Beurteilung einfließen lassen. Wenn er sich dann bei seiner Beurteilung irre, stelle dies keinen so schwerwiegenden Verstoß gegen die Jagdgesetze dar, dass dieser mit einer so hohen Geldbuße zu bestrafen sei. Dies auch vor dem Hintergrund, dass wegen der stark steigenden Schwa­r­z­wild­be­stände und der dadurch verursachten landwirt­schaft­lichen Schäden allgemein die Forderung nach einer "straffen Bejagung" von Wildschweinen erhoben wird. Die Verfah­rens­kosten trägt die Staatskasse.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

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