Sozialgericht Karlsruhe Urteil26.01.2016
Anrechnung einer Erbschaft während des Bezugs von Sozialleistungen nach dem SGB IIAnrechnung der Erbschaft hat als Vermögen zu erfolgen
Eine Miterbschaft aus dem Tod eines Familienmitglieds, die einem Hilfebedürftigen erst während des Bezugs von Sozialleistungen nach dem SGB II ausgezahlt wird, obwohl das Familienmitglied noch vor Beginn des Leistungsbezugs verstorben ist, darf nicht als Einkommen angerechnet werden. Dies entschied das Sozialgericht Karlsruhe.
Das Jobcenter bewilligte dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 01.09.2014 bis 31.10.2014 unter Anrechnung einer Miterbschaft aus dem Tod seiner Mutter, die vor Beginn des Leistungsbezugs verstorben war. Die Erbschaft floss dem Kläger erst während des Leistungsbezugs zu. Deswegen wertete das Jobcenter diese als Einkommen nach § 11 SGB II. Der Kläger wandte sich daraufhin gegen die Anrechnung des Erbes als Einkommen.
Erbschaft stellt Vermögen im Sinne des § 12 SGB II dar
Die Klage hatte vor dem Sozialgericht Karlsruhe in vollem Umfang Erfolg. Bei der Erbschaft handele es sich um Vermögen im Sinne des § 12 SGB II, nicht um Einkommen nach § 11 SGB II. Einkommen sei grundsätzlich alles das, was jemanden nach Antragstellung wertmäßig dazu erhalte und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits gehabt habe. Auszugehen sei vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich werde ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Ein solcher rechtlich maßgeblich anderer Zufluss ergebe sich bei einem Erbfall aus § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), nach dem mit dem Tode einer Person deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben übergeht (Gesamtrechtsnachfolge), was nach § 1922 Abs. 2 BGB auch für den Anteil eines Miterben gelte. Demzufolge habe die Anrechnung der Erbschaft als Vermögen nach § 12 SGB II zu erfolgen. Im zu entscheidenden Fall überstiegen die Freibeträge nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II das Erbe, so dass ein höherer Arbeitslosengeldanspruch bestanden habe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.02.2016
Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online