18.10.2024
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Sozialgericht Heilbronn Urteil17.05.2013

Sturz beim Holen der Geschäftspost ist als Arbeitsunfall anzuerkennenPrivat und geschäftlich genutztes Gebäude: Kläger nutzte Treppe zum Unfallzeitpunkt aus betrieblichen Gründen

Der Sturz eines Unternehmers beim Holen der Geschäftspost im Treppenhaus eines als privat und geschäftlich genutzten Gebäudes ist als Arbeitsunfall anzuerkennen. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Heilbronn hervor.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der 58jährige Kläger ist Inhaber einer Kfz-Werkstatt. Daneben handelt er noch mit Kfz-Zubehör und leitet ein Taxi-/Mietwa­gen­un­ter­nehmen. Als Unternehmer ist er bei der beklagten Berufsgenossenschaft (BG) unfall­ver­sichert. Privatwohnung des Klägers und Betriebsstätte des Unternehmens befinden sich in einem Gebäude: Im Erdgeschoß ist die Werkstatt, im 1. Stock sind die Wohnräume sowie das Büro untergebracht. Wie damals werktags üblich holte der Kläger im Juli 2011 gegen 14 Uhr nach Ende seiner Tätigkeit in der Werkstatt die Geschäftspost aus dem Briefkasten im Erdgeschoss. Er hatte vor, sie in seinem Büro durchzusehen und anschließend von seiner im Betrieb mitarbeitenden Ehefrau erledigen zu lassen. Doch dazu kam es nicht: Er verfehlte auf der (einzigen) Treppe, die vom Erd- in das Obergeschoß führt, eine Trittstufe. Er stürzte so schwer, dass er sich sein rechtes Schienbein brach. Anschließend wurde er mehrfach operiert.

Berufs­ge­nos­sen­schaft erkennt Unfall nicht als Arbeitsunfall an

Die Berufs­ge­nos­sen­schaft zahlte dem Kläger zwar 5.000 Euro Verletztengeld als Vorschuss, lehnte dann aber die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab: Der Kläger habe nämlich seine Arbeit in der Werkstätte bereits beendet, als er die Treppe hochgestiegen sei. Dass er vor Feierabend noch Post ins Büro habe bringen wollen, begründe keinen Versi­che­rungs­schutz.

Treppe einziger Zugang zu den Büroräumen im OG

Die hiergegen gerichtete Klage (in der der Kläger geltend machte, sein rechtes Bein müsse womöglich versteift werden und es sei fraglich, inwieweit er überhaupt noch in seiner Werkstatt arbeiten könne) hatte Erfolg: Das Sozialgericht Heilbronn hat die Berufs­ge­nos­sen­schaft verpflichtet, den Sturz im Treppenhaus als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Treppe sei der einzige Zugang zu den Büroräumen im OG gewesen und demnach mehrmals täglich nicht nur von dem Kläger, sondern auch von Angestellten und Geschäftskunden genutzt worden. Da der Kläger zum Unfallzeitpunkt die Geschäftspost zu seinem Büro habe bringen wollen, um sie dort zu sichten und weiter­be­a­r­beiten zu lassen, habe er die Treppe auch aus betrieblichen Gründen genutzt.

Hinweise zur Rechtslage

Erläuterungen

§ 8 Siebtes Buch Sozial­ge­setzbuch [SGB VII]:

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versi­che­rungs­schutz [...] begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesund­heits­schaden oder zum Tod führen. [...]

Die Anerkennung als Arbeitsunfall hat weitreichende Folgen:

So hat die zuständige Berufs­ge­nos­sen­schaft dem Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen u.a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z.B. eine medizinische Rehabi­li­ta­ti­o­ns­maßnahme oder eine Umschulung) zu erbringen, Verletzten-/Übergangsgeld oder eine Verletztenrente zu zahlen.

Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online

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