23.11.2024
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Sozialgericht Heilbronn Urteil23.06.2016

Jobcenter muss Hartz IV-Bezieher Heizkosten nachzahlenCompu­ter­programm "Heikos 2." zur Berechnung angemessener Heizkosten ungeeignet

Das Sozialgericht Heilbronn hat entschieden, dass das Compu­ter­programm "Heikos 2." der Stadt Heilbronn zur Berechnung angemessener Heizkosten ungeeignet ist und das Jobcenter eine Bezieher von Hartz IV-Leistungen daher Heizkosten nachzahlen muss.

Dem Streitfall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine 35-jährige allein­er­ziehende Mutter zog nach der Trennung von ihrem Lebenspartner zusammen mit ihrem seinerzeit zweijährigen Sohn im März 2011 in eine rund 70m² große Wohnung in Heilbronn, welche mit Öl beheizt wird. Die Warmwas­ser­be­reitung erfolgt über die Heizungsanlage. Das Jobcenter Stadt Heilbronn bewilligte in der Folgezeit Grund­si­che­rungs­leis­tungen nach dem SGB II ("Hartz IV"), lehnte es jedoch unter Verweis auf ihr Computerprogramm "Heikos 2." ab, eine Nachforderung aus einer Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung für das Jahr 2011 in Höhe von rund 730 Euro zu übernehmen.

Compu­ter­programm "Heikos 2." legt unzuläs­si­gerweise pauschale Werte eines idealen Heizverhaltens zugrunde

Die hiergegen gerichtete Klage war vor dem Sozialgericht Heilbronn erfolgreich. Das vom Jobcenter zur Berechnung der angemessenen Heizkosten herangezogene Programm "Heikos 2." sei ungeeignet, die angemessenen Heizkosten im Einzelfall zu bestimmen. So erfasse "Heikos 2." nicht den konkreten Wärmebedarf einer Wohnung, sondern lege unzuläs­si­gerweise pauschale Werte eines idealen Heizverhaltens zugrunde. Vielmehr sei - entsprechend der Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts - die Angemessenheit von Heizkosten nach dem "Bundesweiten Heizspiegel" zu bestimmen. Hiernach bewege sich die Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung innerhalb der Angemes­sen­heits­grenze. Selbst wenn vorliegend - bei isolierter Betrachtung des Warmwas­ser­ver­brauchs - womöglich der zugrunde zu legende Vergleichswert überschritten werde, sei dies aufgrund der Zugehörigkeit eines Kleinkindes zum Haushalt gerechtfertigt. Im Übrigen könne die Klägerin selbst bei Annahme von unangemessenen Heiz- und Warmwas­ser­kosten die Übernahme dieser Kosten verlangen, weil das Jobcenter sie vorher nicht über ihre Obliegenheit aufgeklärt habe, ihre Heiz- und Warmwas­ser­kosten zu senken (sogenannte "Kosten­sen­kungs­auf­for­derung").

Hinweis zur Rechtslage:

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozial­ge­setzbuch [SGB II] werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es [...] nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II).

Beim Compu­ter­programm "Heikos 2." handelt es sich um ein von der Stadt Heilbronn entwickeltes Modell zur Berechnung angemessener Heizkosten.

Der "Bundesweite Heizspiegel" basiert auf bundesweit erhobenen Heizdaten von rund 63.000 zentral beheizten Wohngebäuden und wird seit 2005 jährlich veröffentlicht (vgl. www.heizspiegel.de). Hieraus ergeben sich Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwär­me­be­heizte Wohnungen, gestaffelt nach der von der jeweiligen Heizungsanlage zu beheizenden Wohnfläche, die hinsichtlich des Heizener­gie­ver­brauchs zwischen "optimal", "durch­schnittlich", "erhöht" und "extrem hoch" unterscheiden.

Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online

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