18.10.2024
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Sozialgericht Heilbronn Urteil10.12.2013

Inkas­so­un­ter­nehmen muss Sozial­versicherungs­beiträge für Beschäftigung einer "Schein­selb­ständigen" im Vertrieb nachzahlenMerkmale einer abhängigen Beschäftigung überwiegen

Das Sozialgericht Heilbronn hat entschieden, dass ein Heilbronner Inkas­so­un­ter­nehmen Sozial­versicherungs­beiträge in Höhe von über 40.000 Euro nachzahlen muss, da das Unternehmen eine Vertriebs­mitarbeiterin im Außendienst als "Schein­selbstständige" beschäftigt hatte.

In dem vorliegenden Fall führte der beklagte Rentenversicherungsträger (Deutsche Renten­ver­si­cherung Bund - DRB) bei einem Heilbronner Inkassounternehmen Ende 2011/Anfang 2012 eine Betriebsprüfung durch. Die DRB forderte sodann Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von mehr als 40.000 Euro für die Beschäftigung einer Vertrie­bs­mi­t­a­r­beiterin im Außendienst im Prüfzeitraum von 2007 bis Ende November 2011 nach. Die Vertrie­bs­mi­t­a­r­beiterin hatte im Prüfzeitraum für das Inkas­so­un­ter­nehmen mit einer stündlichen Vergütung von 20 Euro an Schulungen teilgenommen und (regelmäßig von ihrem häuslichen Büro aus) die ihr vorgegebenen Adresslisten abtelefoniert, um Neukunden zu gewinnen. Kam daraufhin ein Vorstel­lungs­termin des Inkas­so­un­ter­nehmens mit dem möglichen Neukunden zustande, erhielt die Vertrie­bs­mi­t­a­r­beiterin eine Provision von 75 Euro sowie gelegentlich einen nachträglichen weiteren Bonus (abhängig vom weiteren Verlauf der Kundenbeziehung). Daneben erhielt sie eine monatliche Pauschale von 150 Euro für die Betreuung von „Bestandskunden“. Das Inkas­so­un­ter­nehmen führte die Vertrie­bs­mi­t­a­r­beiterin auf seiner Homepage als „Vertrie­b­s­as­sis­tentin - Region Nord/West“ unter Angabe einer Telefon-Durchwahl auf.

Klagendes Inkas­so­un­ter­nehmen macht Selbständigkeit der Mitarbeiterin geltend

Das klagende Inkas­so­un­ter­nehmen (nach eigener Einlassung ein mittel­stän­discher Betrieb mit rund 60 Mitarbeitern und mehr als 1.000 Auftraggebern aus verschiedensten Branchen) machte geltend, die Vertrie­bs­mi­t­a­r­beiterin sei selbständig tätig gewesen. Denn sie habe ihre Zeit frei einteilen können und seinerzeit ein zusätzliches Zimmer in Höhe von 200 Euro incl. Nebenkosten angemietet, das sich im gleichen Haus wie deren Wohnung befunden habe. Zudem habe sie ihre Vergütung durch Provisionen steigern können. Die gegenseitige Zusammenarbeit sei im Mai 2012 beendet worden.

Relevantes unter­neh­me­risches Risiko nicht erkennbar

Das Sozialgericht Heilbronn wies die Klage jedoch ab. Die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung überwögen hier gegenüber denjenigen einer selbständigen Tätigkeit. Insbesondere sei ein relevantes unter­neh­me­risches Risiko nicht erkennbar. Denn die Vertrie­bs­mi­t­a­r­beiterin habe auch dann eine nicht unerhebliche Vergütung erhalten, wenn ihre Telefonakquise erfolglos blieb. Darüber hinaus habe sie nach festen Vorgaben gehandelt, indem sie ausschließlich die von ihrer Auftraggeberin übermittelten Adresslisten „abtelefonierte“. Insgesamt sei ein wesentlicher Unterschied zu den seinerzeit bei der Klägerin fest angestellten Vertrie­b­s­as­sis­tenten nicht erkennbar.

Hinweis zur Rechtslage

Erläuterungen

§ 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozial­ge­setzbuch [SGB IV]:

Beschäftigung ist die nicht­selb­ständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeits­ver­hältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeits­or­ga­ni­sation des Weisungsgebers.

Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online

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