Sozialgericht Gießen Urteil21.04.2015
Sohn muss Heimpflegekosten für ehemalige Lebensgefährtin des Vaters nicht zahlenRückgriff des Landkreises auf den Sohn scheitert an fehlender Rechtswahrungsanzeige
Das Sozialgericht Gießen hat entschieden, dass ein Sohn keinen Aufwendungsersatz für ungedeckte Heimpflegekosten der ehemaligen Lebensgefährtin seines Vaters zahlen muss.
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls wandte sich gegen die Inanspruchnahme von Aufwendungersatz ungedeckter Heimpflegekosten für die ehemalige Lebensgefährtin seines Vaters. Der Vater des Klägers führte mit seiner Lebensgefährtin seit 1989 eine eheähnliche Beziehung. Nachdem beide aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen in unterschiedlichen Pflegeheimen untergebracht wurden, gewährte der Landkreis Gießen als Sozialhilfeträger ab Mai 2012 Leistungen an die Lebensgefährtin. Im Dezember 2013 verstarb der Vater, nachdem er sich bereits Ende 2011 einer Mitbewohnerin zugewandt hatte. Der Beklagte Landkreis machte beim Kläger als Bevollmächtigten seines Vaters die monatlichen ungedeckten Sozialhilfeaufwendungen geltend. Er begründete seine Forderung mit dem Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen dem Vater und der Hilfebedürftigen.
Gericht äußert Zweifel an Fortbestehen der eheänlichen Gemeinschaft zum Zeitpunkt der Hilfegewährung
Das Sozialgericht Gießen konnte sich dieser Sichtweise nicht anschließen. Ein Rückgriff des beklagten Landkreises auf den Kläger scheitere an der fehlenden Rechtswahrungsanzeige. Die Rechtswahrungsanzeige bewirke, dass der Sozialhilfeträger die eigentlich zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltspflichtigen bestehende Unterhaltsansprüche auf sich überleite. Der Sozialhilfeträger könne dann – aber auch erst ab dann – die Unterhaltsansprüche selbst geltend machen. Für davor entstandene Unterhaltsansprüche hafte der Unterhaltspflichtige gegenüber dem Sozialhilfeträger nicht. Abgesehen davon äußerte das Gericht Zweifel an dem Fortbestehen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zwischen dem Vater und der Hilfebedürftigen zum Zeitpunkt der Hilfegewährung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.05.2015
Quelle: Sozialgericht Gießen/ra-online