23.11.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.

Dokument-Nr. 29693

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Sozialgericht Dresden Urteil09.12.2020

Risiken des Firmenzahler­verfahrens in der freiwilligen gesetzlichen Kranken­ver­si­cherungKrankenkasse trägt Insolvenzrisiko im Firmenzahler­verfahren

Das Sozialgericht Dresden hat mit Urteil vom 09.12.2020 entschieden, dass die Krankenkasse von einem Arbeitnehmer keine freiwilligen Versicherungs­beiträge nachfordern darf, wenn diese zunächst vom Arbeitgeber gezahlt, aber in einem anschließenden Insol­venz­ver­fahren von der Krankenkasse an die Insolvenzmasse zurückerstattet worden waren.

Arbeit­neh­mer*innen, die wegen Überschreitung der Jahres­a­r­beits­entgelt-grenze versi­che­rungsfrei sind, können sich in der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung freiwillig versichern, müssen dann aber die Beiträge zur Kranken- und Pflege­ver­si­cherung selbst bezahlen. In der Praxis ist es jedoch häufig so, dass Arbeit­neh­mer*innen mit Arbeit­ge­ber*innnen eine Vereinbarung treffen, dass die Beiträge direkt vom Lohn einbehalten und an die Kranken­ver­si­cherung weitergeleitet werden (sog. Firmen­zah­ler­ver­fahren).

SG: Zahlungs­an­fechtung durch Insol­venz­ver­walter unwirksam

Fällt die Firma indessen in die Insolvenz, besteht das Risiko, dass der Insol­venz­ver­walter – wie auch im entschiedenen Fall – die Zahlungen an die Krankenkasse erfolgreich anficht und zurückfordert. Es stellt sich dann die Frage, ob der Arbeitnehmer, dem die Beiträge bereits vom Lohn abgezogen worden waren, zur erneuten Zahlung an die Krankenkasse verpflichtet ist. Dies hat das Sozialgericht Dresden hier verneint. Es hält im Gegensatz zur zivil­ge­richt­lichen Rechtsprechung und ausdrücklich entgegen der Rechts­auf­fassung des Bundes­ge­richtshofs schon die Anfechtung für unwirksam, weil keine Gläubi­ger­be­nach­tei­ligung vorliege. Wenn der Arbeitgeber nicht an die Krankenkasse gezahlt hätte, hätte er dem Arbeitnehmer diesen Lohnbestandteil ohne die Möglichkeit der Anfechtung im Insol­venz­ver­fahren auszahlen müssen.

Nachforderung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgeschlossen

Außerdem scheide eine Nachforderung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aus, denn die Krankenkasse habe es versäumt, den Arbeitnehmer über das Risiko einer nochmaligen Beitrags­be­lastung im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers ausdrücklich hinzuweisen. Es verstoße auch gegen Treu und Glauben, wenn die Krankenkasse aus der eigenen Mitwirkung an einer unter Strafandrohung stehenden Gläubi­ger­be­güns­tigung Ansprüche gegen einen gutgläubigen Versicherten herleite.

Quelle: Sozialgericht Dresden, ra-online (pm/aw)

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