21.11.2024
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Sozialgericht Dortmund Urteil08.09.2008

Schwarzarbeit: Arbeitgeber schuldet Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge aus Brutto­a­r­beits­entgelt der ungünstigsten SteuerklasseNachberechnung auf Grundlage einer fiktiven Netto­lohn­ver­ein­barung

Bei illegalen Bechäf­ti­gungs­ver­hält­nissen kann die Deutsche Renten­ver­si­cherung (DRV) Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge auf der Grundlage einer fiktiven Netto­lohn­ver­ein­barung nach erheben, wobei die hinzu­zu­rechnende Lohnsteuer mangels dem Arbeitgeber vorliegender Steuerkarte nach Steuerklasse VI zu berechnen ist.

Dies entschied das Sozialgericht Dortmund im Falle eines Frisör­ge­schäftes aus Bochum, das eine Frisörin knapp zwei Jahre beschäftigte, ohne sie bei der Einzugsstelle für den Gsamt­s­o­zi­a­l­ver­si­che­rungs­beitrag anzumelden. Die Frisörin bezog zugleich Arbeits­lo­sengeld. Die DRV Bund erhob im Rahmen einer Betriebsprüfung von dem Arbeitgeber Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge und Säumnis­zu­schläge in Höhe von 18.991,00 EUR nach.

Kläger wehrt sich gegen von der DRV unterstellte Netto­lohn­ver­ein­barung

Zur Begründung seiner Klage gegen die Beitrags­for­derung machte der Ladeninhaber geltend, es habe keine Netto­lohn­ver­ein­barung vorgelegen. Das Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis sei nicht illegal gewesen. Die Friseurin sei im Rahmen des Üblichen entlohnt worden. Die Unterstellung einer Netto­lohn­ver­ein­barung bedeute, dass die DRV mehr Beiträge erhalte, als wenn das Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis von vornherein angemeldet worden wäre. Dann sei es wünschenswert, dass alle Arbeitgeber illegale Beschäf­ti­gungs­ver­hältnisse eingingen, um die Sozia­l­ver­si­cherung finanziell zu sanieren. Zudem werde der schwa­rz­a­r­beitende Arbeitnehmer durch höhere Rentenbeiträge begünstigt.

Gericht: Bei illegalen Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nissen gilt Netto­a­r­beits­entgelt als vereinbart

Das Sozialgericht wies die Klage als unbegründet ab. Bei illegalen Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nissen ohne Zahlung von Steuern und Beiträgen gelte nach § 14 Abs. 2 SGB IV ein Netto­a­r­beits­entgelt als vereinbart. Grundlage der nach zu entrichtenden Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge seien die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern. Die Friseurin sei illegal beschäftigt worden, weil ihr Arbeitgeber seine Melde- und Beitrags­pflichten verletzt habe. Bereits aus dem Vorliegen von Schwarzarbeit könne auf die Illegalität der Beschäftigung geschlossen werden. Die gesetzliche Fiktion einer Nettolohnabrede ungeachtet der (späteren) steuerlichen Abwicklung sei gerechtfertigt durch ihren Zweck, sozial schädliche Schwarzarbeit einzudämmen. So könne der Arbeitgeber der Gefahr etwaig zu hoher Beiträge leicht entgehen, indem er keine Schwarzarbeiter beschäftige.

Steuerklasse IV findet Anwendung

Die Arbeits­ver­trags­parteien seien darüber einig gewesen, dass gerade keine Steuern abgeführt werden sollten. Hieraus folge, dass dem Arbeitgeber keine Steuerkarte vorgelegen habe und somit für die Beitrags­be­rechnung die Steuerklasse VI zur Anwendung komme. Eine nachträgliche Korrektur sei nicht möglich, da es auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge ankomme.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Dortmund vom 20.10.2008

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