03.12.2024
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Dokument-Nr. 12111

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Sozialgericht Chemnitz Urteil05.11.2010

SG Chemnitz: Betrie­bs­kos­ten­guthaben nicht immer auf Hartz IV anzurechnenGuthaben muss dem Leistungs­emp­fänger zur Bestreitung des Lebens­un­ter­haltes zur Verfügung stehen

Wenn die Neben­kos­te­n­a­b­rechnung eines Leistungs­emp­fängers ein Guthaben aufweist, dann ist das Jobcenter berechtigt, dieses Guthaben mit der nächsten Unter­kunfts­leistung zu verrechnen, sofern dem Leistungs­emp­fänger das Guthaben direkt zur Verfügung steht. Dies hat nun das Sozialgericht Chemnitz entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Langzeit­a­r­beitsloser im Jahr 2009 seine Wohnung nur sparsam geheizt und auch sorgsam auf den Wasserverbrauch geachtet. Lohn seiner Bemühungen: Die Nebenkostenabrechnung seines Vermieters, die ihm im Mai 2010 zugeht, wies ein Guthaben von 200 Euro auf. Kurz darauf bekam der Mann Post vom Jobcenter. Es teilt ihm mit, dass es im Monat Juni nicht wie bisher 350 Euro der Unterkunftskosten des Arbeitslosen übernehmen würde, sondern nur 150 Euro. Zur Begründung führte das Jobcenter aus, dass sich der Anspruch des Mannes auf Übernahme der Unter­kunfts­kosten durch das Jobcenter um den Betrag des Betrie­bs­kos­ten­gut­habens mindere. Der Arbeitslose fühlte sich für sein sparsames Wirtschaften bestraft.

SG: Jobcenter handelt rechtmäßig und gerecht

Das Sozialgericht Chemnitz erklärte das Handeln der Jobcenter jedoch für rechtmäßig und alles andere als ungerecht. § 22 Abs. 3 Sozial­ge­setzbuch Zweites Buch - SGB II - sieht diese Minderung ausdrücklich vor. Die Regelung ist Ausdruck des fürsor­ge­recht­lichen (Subsidiaritäts-)Prinzips, wonach der Staat nur dann einspringen soll, wenn sich der Einzelne nicht mehr selbst helfen kann. Und im Umfang der Betrie­bs­kos­te­n­er­stattung kann sich der Leistungsempfänger selbst helfen. Er kann einen Teil seiner nächsten Miete aus der Erstattung finanzieren. Die Jobcenter und damit der Steuerzahler werden um diesen Teil entlastet. Von einer "Bestrafung" für sparsames Wirtschaften kann daher keine Rede sein.

Ausnahme: Verrechnung statt direkte Auszahlung des Guthabens an Leistungs­emp­fänger

Von dem Recht zur Minderung der laufenden Zahlung trotz eines Betrie­bs­kos­ten­gut­habens soll nur dann eine Ausnahme gelten, wenn das Guthaben tatsächlich nicht an den Leistungs­emp­fänger ausgezahlt wird. Das hat das Sozialgericht Chemnitz entschieden. Im zugrunde liegenden Fall hatte der Vermieter des Klägers das Guthaben in Höhe von 556,42 Euro aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 einbehalten. Er verrechnete es mit einer Forderung aus der Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung des Vorjahres. Das Jobcenter Chemnitz minderte gleichwohl in den beiden Folgemonaten seine Zahlungen für die Unterkunft des Klägers um den Betrag des Guthabens. Der Kläger hatte mit seiner Klage Erfolg. Weil das Guthaben tatsächlich nicht ausgezahlt wurde, stand es ihm nicht zur Bestreitung seines Lebens­un­ter­haltes - insbesondere zur Verwendung für die nächste Mietzahlung - zur Verfügung. Die Minderung der Unter­kunfts­kosten würde bei dieser Sachlage zu einer nicht hinnehmbaren Bedarfs­un­ter­deckung und zu neuen Mietschulden führen. Dies widerspricht dem Sinn und Zweck der Leistungen nach dem SGB II, die die notwendigen Lebens­hal­tungs­kosten des Bedürftigen vollständig decken sollen, begründete das Gericht seine Entscheidung.

Es wurde Berufung eingelegt.

Quelle: Sozialgericht Chemnitz/ra-online

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