Dokument-Nr. 18479
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Sozialgericht Berlin Beschluss08.07.2014
"Wallraff-Enthüllungen": Fristlose Kündigung eines Pflegedienstes bleibt wirksamSozialgericht Berlin lehnt Eilrechtsschutz wegen fehlender Dringlichkeit ab
Das Sozialgericht Berlin hat entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Pflegedienstes, die von der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales im Anschluss an die RTL-Sendung "Team Wallraff - Reporter Undercover" ausgesprochen wurde, wirksam bleibt.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Für die TV-Dokumentation gab sich Günter Wallraff in der RTL-Sendung "Team Wallraff - Reporter Undercover" (Sendung vom 5. Mai 2014) als gesunder Rentner aus, der als Sozialhilfeempfänger Hilfe im Haushalt benötige. Bei einem Besuch in seiner Wohnung zeigte die Geschäftsführerin des Pflegedienstes aus Berlin-Schöneberg ihm und seiner angeblichen Tochter, mit welchen schauspielerischen Tricks er einen Schlaganfallpatienten mimen könne. Zugleich versorgte sie ihn unter anderem mit einem Rollator, Windeln und einer Urinflasche. Ziel war es, bei der Pflegebedarfsfeststellung des Sozialamtes möglichst umfangreiche Hilfeleistungen bewilligt zu bekommen. Als Belohnung sollte Wallraff davon 25 % für sich behalten dürfen.
Berliner Senatsverwaltung kündigt Leistungsvereinbarung über Erbringung von Haushilfe und Hauspflege fristlos
Aufgrund dieses und drei weiterer ähnlicher Fälle kündigte die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Antragsgegner) mit Schreiben vom 11. Juni 2014 die mit der Pflegedienst-GmbH (Antragstellerin) geschlossene Leistungsvereinbarung über die Erbringung von Haushilfe und Hauspflege fristlos. Die Antragstellerin habe zulasten des Landes Berlin in erheblichem Umfang und zumindest grobfahrlässig nicht erbrachte Leistungen abgerechnet. Sie sei als unzuverlässig zu bewerten. Eine Fortführung des Vertrags sei nicht zumutbar.
Pflegedienst befürchtet wirtschaftliche Vernichtung aufgrund der Kündigung
Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 17. Juni 2014 an das Sozialgericht Berlin. Bei der Kündigung handele es sich um eine Überraschungsentscheidung. Der Antragsgegner versuche, sie kalt zu stellen. Ihr drohe die wirtschaftliche Vernichtung. Ohne vertragliche Grundlage sei es ihr nicht möglich, Leistungen zu erbringen und abzurechnen.
Gekündigter Teilbereich macht nur 2,5 % des monatlichen Umsatzvolumens aus
Das Sozialgericht Berlin wies den Antrag zurück. Es gebe keine Eilbedürftigkeit. Die Kündigung betreffe nur den kleinen Teilbereich der nach § 75 Abs. 3 SGB XII (zusätzlich zu den Leistungen der Pflegeversicherung) erbrachten Haushilfe und Hauspflege, zum Beispiel psychosoziale Betreuung, Maniküre, Haarwäsche. Dieser Bereich mache nur 2,5 % des monatlichen Umsatzvolumens aus. Eine wirtschaftliche Schieflage drohe damit nicht. Die Antragstellerin sei vielmehr auch weiterhin als Pflegedienst zugelassen. Andere Versorgungsverträge seien bisher nicht gekündigt. Die Durchführung eines Prüfungsverfahrens obliege insoweit den Landesverbänden der Pflegekasse.
Veranlasste strafrechtliche Ermittlungen sind abzuwarten
Vor diesem Hintergrund könne im Eilverfahren dahingestellt bleiben, ob die Einwände der Antragstellerin in der Sache berechtigt seien. Diese Beurteilung bleibe dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Dafür seien auch die vom Bezirksamt Mitte veranlassten strafrechtlichen Ermittlungen abzuwarten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.07.2014
Quelle: Sozialgericht Berlin/ra-online
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