18.10.2024
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Dokument-Nr. 18479

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Sozialgericht Berlin Beschluss08.07.2014

"Wallraff-Enthüllungen": Fristlose Kündigung eines Pflegedienstes bleibt wirksamSozialgericht Berlin lehnt Eilrechtsschutz wegen fehlender Dringlichkeit ab

Das Sozialgericht Berlin hat entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Pflegedienstes, die von der Berliner Senats­ver­waltung für Gesundheit und Soziales im Anschluss an die RTL-Sendung "Team Wallraff - Reporter Undercover" ausgesprochen wurde, wirksam bleibt.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Für die TV-Dokumentation gab sich Günter Wallraff in der RTL-Sendung "Team Wallraff - Reporter Undercover" (Sendung vom 5. Mai 2014) als gesunder Rentner aus, der als Sozia­l­hil­fe­emp­fänger Hilfe im Haushalt benötige. Bei einem Besuch in seiner Wohnung zeigte die Geschäfts­führerin des Pflegedienstes aus Berlin-Schöneberg ihm und seiner angeblichen Tochter, mit welchen schau­spie­le­rischen Tricks er einen Schlag­an­fa­ll­pa­tienten mimen könne. Zugleich versorgte sie ihn unter anderem mit einem Rollator, Windeln und einer Urinflasche. Ziel war es, bei der Pflege­be­da­rfs­fest­stellung des Sozialamtes möglichst umfangreiche Hilfeleistungen bewilligt zu bekommen. Als Belohnung sollte Wallraff davon 25 % für sich behalten dürfen.

Berliner Senats­ver­waltung kündigt Leistungs­ver­ein­barung über Erbringung von Haushilfe und Hauspflege fristlos

Aufgrund dieses und drei weiterer ähnlicher Fälle kündigte die Berliner Senats­ver­waltung für Gesundheit und Soziales (Antragsgegner) mit Schreiben vom 11. Juni 2014 die mit der Pflegedienst-GmbH (Antragstellerin) geschlossene Leistungs­ver­ein­barung über die Erbringung von Haushilfe und Hauspflege fristlos. Die Antragstellerin habe zulasten des Landes Berlin in erheblichem Umfang und zumindest grobfahrlässig nicht erbrachte Leistungen abgerechnet. Sie sei als unzuverlässig zu bewerten. Eine Fortführung des Vertrags sei nicht zumutbar.

Pflegedienst befürchtet wirtschaftliche Vernichtung aufgrund der Kündigung

Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 17. Juni 2014 an das Sozialgericht Berlin. Bei der Kündigung handele es sich um eine Überra­schungs­ent­scheidung. Der Antragsgegner versuche, sie kalt zu stellen. Ihr drohe die wirtschaftliche Vernichtung. Ohne vertragliche Grundlage sei es ihr nicht möglich, Leistungen zu erbringen und abzurechnen.

Gekündigter Teilbereich macht nur 2,5 % des monatlichen Umsatzvolumens aus

Das Sozialgericht Berlin wies den Antrag zurück. Es gebe keine Eilbe­dürf­tigkeit. Die Kündigung betreffe nur den kleinen Teilbereich der nach § 75 Abs. 3 SGB XII (zusätzlich zu den Leistungen der Pflege­ver­si­cherung) erbrachten Haushilfe und Hauspflege, zum Beispiel psychosoziale Betreuung, Maniküre, Haarwäsche. Dieser Bereich mache nur 2,5 % des monatlichen Umsatzvolumens aus. Eine wirtschaftliche Schieflage drohe damit nicht. Die Antragstellerin sei vielmehr auch weiterhin als Pflegedienst zugelassen. Andere Versor­gungs­verträge seien bisher nicht gekündigt. Die Durchführung eines Prüfungs­ver­fahrens obliege insoweit den Landesverbänden der Pflegekasse.

Veranlasste strafrechtliche Ermittlungen sind abzuwarten

Vor diesem Hintergrund könne im Eilverfahren dahingestellt bleiben, ob die Einwände der Antragstellerin in der Sache berechtigt seien. Diese Beurteilung bleibe dem Haupt­sa­che­ver­fahren vorbehalten. Dafür seien auch die vom Bezirksamt Mitte veranlassten straf­recht­lichen Ermittlungen abzuwarten.

Quelle: Sozialgericht Berlin/ra-online

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