Im zugrunde liegenden Fall hatte das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein mit Bescheid vom 21. April 2010 das Verbot des Vereins ausgesprochen, ihn aufgelöst und insoweit die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet. Unter Berufung auf mehrere zum Teil noch anhängige Strafermittlungsverfahren gegen Vereinsmitglieder stellte der Bescheid fest, dass Zweck und Tätigkeit des Vereins den Strafgesetzen zuwiderliefen, weil dem Verein strafbare Verhaltensweisen von Mitgliedern zuzurechnen seien. Darüber hinaus richte sich der Verein auch gegen die verfassungsmäßige Ordnung, weil straffällig gewordene Mitglieder und ihre Angehörigen aus einem „Defense Fund“ unterstützt würden und dadurch der Begehung von Straftaten Vorschub geleistet werde. Das Verbot müsse sofort vollzogen werden, um vor dem Hintergrund der Entwicklung des so genannten „Rockerkrieges“ zwischen konkurrierenden Rockervereinigungen weitere gewaltsame Straftaten zu vermeiden und ein Beiseiteschaffen von Vereinsvermögen und Beweismitteln zu verhindern.
Der betroffene Verein der Hells Angels Flensburg hat im Mai 2010 gegen das Vereinsverbot Klage erhoben und Ende Oktober 2010 einstweiligen Rechtsschutz beantragt.
Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein entschied, dass die Gründe, die das Innenministerium für den sofortigen Vollzug des Vereinsverbots angeführt hat, bei einer Interessenabwägung gegenüber den Nachteilen des verbotenen Vereins überwiegen. Das Gericht hat es als offen angesehen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für ein Verbot bei dem Flensburger Verein vorliegen. Eine weitere Überprüfung des Verbots müsse unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus den Strafermittlungsverfahren im Hauptsacheverfahren erfolgen. Es sei nach derzeitigem Kenntnisstand weder zwingend noch ausgeschlossen, dass der Verein durch strafgesetzwidrige Handlungen seiner Mitglieder geprägt worden sei. Auffallend seien jedenfalls die zeitliche Dichte der vorgeworfenen Straftaten, darunter mehrere Waffen- und Gewaltdelikte, und die Anzahl der mutmaßlich an den Vorfällen beteiligten Vereinsmitglieder. Erhebliche Zweifel hat das Oberverwaltungsgericht bislang allerdings daran, ob auch die Feststellung, dass sich der Verein gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte, das Verbot trägt. Art und Umfang der Unterstützung durch den „Defense Fund“ müssten ebenso wie die Frage, ob sich darin eine kämpferisch-aggressive Verwirklichung verfassungsfeindlicher Ziele äußere, im Hauptsacheverfahren näher geklärt werden, wobei für ein Vereinsverbot die Strafgesetzwidrigkeit einer Vereinigung allein bereits ausreichen würde.
Erfolgreich war der Eilantrag lediglich insoweit, als das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage im Hinblick auf die Einziehung beschlagnahmter Gegenstände Dritter angeordnet hat.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.02.2011
Quelle: Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein/ra-online