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Dokument-Nr. 13907

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Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt Gerichtsbescheid25.07.2012

Langsame Richter: Polizistin erhält Entschädigung für überlange Verfahrensdauer ihrer Klage gegen die Umsetzung in ein anderes RevierVerfahrensdauer von zwei Jahren bei geringer Schwierigkeit und Komplexität unangemessen lang

Das Ober­verwaltungs­gericht Sachsen-Anhalt hat einer Polizeibeamtin wegen eines Gerichts­ver­fahrens, das insgesamt unangemessen lang angedauert hatte, eine Entschädigung zuerkannt. Das Gericht erklärte, dass ein Verfahren von geringer Schwierigkeit bzw. Komplexität mit einer Gesamt­bearbeitungs­dauer des Ausgangs­rechtsstreits von über zwei Jahren nicht mehr als angemessen im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG angesehen werden könne.

In dem konkreten Fall hatte sich eine Polizeibeamtin gegen ihre Umsetzung in ein anderes Revier­kom­mis­sariat gewandt. Das Verfahren vor dem Verwal­tungs­gericht Halle wurde zwei Jahre nach Eingang der Klage abgeschlossen.

Gericht erkannte Polizeibeamtin Entschädigung zu

Das Oberver­wal­tungs­gericht Sachsen-Anhalt befand, dass angesichts der geringen Schwierigkeit bzw. Komplexität des Verfahrens eine Gesamt­be­a­r­bei­tungsdauer des Ausgangs­rechtss­treits mit über zwei Jahren und dessen Bearbeitung in einzelnen Verfah­rens­stadien nicht mehr als angemessen im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG* anzusehen sei und erkannte der Polizeibeamtin eine Entschädigung zu.

Gerichts­ver­fahren müssen in angemessener Zeit zum Abschluss gebracht werden

Von einer unangemessenen Verfahrensdauer sei auszugehen, wenn eine Abwägung aller Umstände ergebe, dass die aus den genannten Normen folgende Verpflichtung des Staates, Gerichts­ver­fahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss zu bringen, verletzt sei, so das Gericht.

Hintergrund:

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat viele Jahre das Fehlen eines besonderen Rechtsschutzes bei unangemessen langen Verfahren in Deutschland beanstandet. Mit seinem Urteil vom 6. Juli 2010 (Beschwerde-Nr. 46344/06) betonte der EGMR erneut, dass bei überlanger Dauer gerichtlicher Verfahren neben dem in Artikel 6 Absatz 1 EMRK garantierten Recht auf ein faires und zügiges Verfahren auch das in Artikel 13 EMRK verbürgte Recht auf wirksame Beschwerde verletzt sein kann. Der Gerichtshof befand einstimmig, dass Deutschland unverzüglich, spätestens aber innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft dieses Urteils, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen überlange Gerichts­ver­fahren einführen muss.

Diesem Anliegen ist die Bundesrepublik Deutschland mit dem am 3. Dezember 2011 in Kraft getretenen Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichts­ver­fahren und straf­recht­lichen Ermitt­lungs­ver­fahren nachgekommen. Das Gesetz führt für überlange Gerichts­ver­fahren einen Entschä­di­gungs­an­spruch ein, der materielle sowie immaterielle Nachteile umfasst (§ 198 Abs. 1 GVG). Der Anspruch setzt voraus, dass der Betroffene vor dem mit der Hauptsache befassten Gericht die Verfahrensdauer gerügt hat (sog. Verzö­ge­rungsrüge, § 198 Abs. 3 GVG).

*§ 198 Abs. 1 GVG: Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichts­ver­fahrens als Verfah­rens­be­tei­ligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfah­rens­be­tei­ligten und Dritter.

§ 198 Abs. 2 GVG: Ein Nachteil, der nicht Vermö­gens­nachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichts­ver­fahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wieder­gut­machung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt/ra-online

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