18.10.2024
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Dokument-Nr. 30731

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil04.08.2021

Unzulässige Verbandsklage gegen Radwegeplanung im BienwaldAnerkennung als Umwelt­ver­ei­nigung Voraussetzung zur Klagebefugnis

Die Klage des südpfälzischen Vereins "Bürge­r­i­n­i­tiative Bienwald - für das bessere Verkehrskonzept" gegen zwei Plan­feststellungs­beschlüsse für den Bau eines Rad- und Gehweges durch Teile des Bienwaldes ist mangels Klagebefugnis unzulässig. Dies entschied das Ober­verwaltungs­gericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Der Kläger, eine Bürge­r­i­n­i­tiative in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins, wendet sich gegen die mit Planfest­stel­lungs­be­schlüssen vom 29. sowie 30. Oktober 2020 festgesetzte Errichtung eins Rad- und Gehweges entlang der L 545 nahe der deutsch-französischen Grenze von Steinfeld nach Scheibenhardt. Nachdem das Planfest­stel­lungs­ver­fahren im Jahr 2012 eingeleitet und im selben Jahr die Behörden- und Öffent­lich­keits­be­tei­ligung durchgeführt worden war, wandte sich der Kläger erstmals im Jahr 2018 an den Vorhabenträger und bat um Informationen unter anderem zum Verfahrensstand. Die Planfest­stel­lungs­be­schlüsse wurden am 20. November 2020 ortsüblich bekanntgemacht, die Auslegungsfrist endete am 14. Dezember 2020. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2020 beantragte der Kläger seine Anerkennung als Umweltverband. Nachdem er am 25. Januar 2021 den Bescheid des Finanzamtes zur Freistellung von Körperschafts- und Gewerbesteuer nachgereicht hatte, erkannte ihn das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten mit Bescheid vom 3. Februar 2021 als Umwelt­ver­ei­nigung an. Bereits zuvor, am 12. Januar 2021, hatte der Kläger innerhalb der Klagefrist gegen die beiden Planfest­stel­lungs­be­schlüsse Klage erhoben.

Verbands­kla­ge­be­fugnis nur für als Umweltverband anerkannte Verbände

Das Oberver­wal­tungs­gericht wies die Klage mangels Klagebefugnis als unzulässig ab. Dem Kläger, der nicht in eigenen personalen Rechtsgütern betroffen sei, komme vorliegend auch keine Verbands­kla­ge­be­fugnis zu. Eine solche werde nach dem Umwelt-Rechts­be­helfs­gesetz (UmwRG) nur denjenigen Vereinigungen zuerkannt, die bereits bei Einlegung des Rechtsbehelfs als Umweltverband anerkannt worden seien (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG) oder deren nicht rechtzeitige Anerkennung von ihnen nicht zu vertreten sei. Beide Voraussetzungen lägen im Falle des Klägers nicht vor. Dass die Anerkennung der klagenden Vereinigung bereits zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsbehelfs vorliegen müsse, entspreche dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers. Dieser habe eine Verbands­kla­ge­be­fugnis nur solchen Vereinigungen zuerkennen wollen, die sich allgemein und unabhängig von konkreten Streitfällen als "Sachwalter des Umweltschutzes" etabliert hätten. Dies setzte voraus, dass sich die Vereinigung rechtzeitig dem Anerken­nungs­ver­fahren unterzogen und durch den Akt der staatlichen Anerkennung die Legitimation als "Anwältin der Natur" erworben habe. Da der Bescheid des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten vom 3. Februar 2021 datiere, sei der Kläger weder bei Klageerhebung noch zum Ablauf der Klagefrist am 14. Januar 2021 als Umwelt­ver­ei­nigung anerkannt gewesen.

Vereinigung hat verspätete Anerkennung selbst zu verantworten

Der Kläger könne ein Verbands­k­la­gerecht aber auch nicht auf § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG stützen. Nach dieser Vorschrift bestehe die Verbands­kla­ge­be­fugnis zwar auch dann, wenn - neben weiteren, hier erfüllten Voraussetzungen - die Umwelt­ver­ei­nigung eine spätere Entscheidung über ihre Anerkennung nicht zu vertreten habe. Von einem Vertretenmüssen des Klägers sei vorliegend aber auszugehen, da der Grund für die im Zeitpunkt der Klageerhebung fehlende Anerkennung als Umwelt­ver­ei­nigung aus seiner Sphäre stamme. Namentlich habe der Kläger den Antrag auf Anerkennung nicht so frühzeitig gestellt, dass mit seiner Bescheidung bei regelmäßiger Bearbei­tungsdauer vor dem Zeitpunkt zu rechnen war, zu dem über die Einlegung des Rechtsbehelfs entschieden werden musste. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers habe die Vereinigung die verspätete Anerkennung dann zu verantworten, wenn sie den Anerken­nungs­antrag erst parallel zur Einlegung des Rechtsbehelfs - etwa innerhalb der Rechts­be­helfsfrist - gestellt habe. Davon sei bei dem erst am 15. Dezember 2020 von dem Kläger gestellten Antrag auf Anerkennung auszugehen. Dass § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 UmwRG das Verbands­k­la­gerecht nur den bei Einlegung des Rechtsbehelfs bereits anerkannten Vereinigungen und darüber hinaus nur Vereinigungen zuerkenne, die das Anerken­nungs­ver­fahren zu diesem Zeitpunkt bereits seit längerem angestoßen hätten, sei schließlich auch mit europäischem Recht und den Anforderungen der Aarhus-Konvention vereinbar.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, ra-online (pm/aw)

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