15.11.2024
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Dokument-Nr. 10458

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil26.10.2010

Bebauungsplan für Mainzer Fußballstadion "Coface-Arena" rechtmäßigOVG Rheinland-Pfalz beanstandet lediglich Festsetzung zum Parkdeck hinsichtlich klima­öko­lo­gischer Gesichtspunkte

Der Bebauungsplan für das Mainzer Stadion „Coface-Arena“ ist überwiegend rechtmäßig. Lediglich die Festsetzung zur Errichtung eines Parkdecks verstößt gegen das baupla­nungs­rechtliche Abwägungsgebot. Dies entschied das Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz und erklärte den Bebauungsplan für teilweise unwirksam.

Die Antragsteller des zugrunde liegenden Falls wenden sich mit ihren Normen­kon­trol­lan­trägen gegen den Bebauungsplan "Multi­funk­ti­onales Stadion südlich des Europakreisels", der im Wesentlichen zwei Sondergebiete festsetzt. Eines davon soll dem Bau eines Fußballstadions, das zweite der Errichtung von erforderlichen Stellplätzen dienen. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat die Normen­kon­trol­lanträge überwiegend abgelehnt.

Nach Gemeindeordnung ausgeschlossene Ratsmitglieder bei Beratung und Beschluss­fassung ausreichend räumlich distanziert

Der Bebauungsplan sei formell-rechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen. Insbesondere hätten bei Beratung und Beschluss­fassung des Stadtrates keine nach der Gemeindeordnung ausge­schlossenen Ratsmitglieder teilgenommen. Die Ratsmitglieder Strutz und Hafner hätten ihre Plätze im Ratssaal verlassen und sich lediglich in dem rückwärtigen, für Presse und Verwal­tungs­mi­t­a­r­beiter vorgesehenen Teil des Sitzungsraumes aufgehalten. Dies stelle eine nach der Gemeindeordnung ausreichende räumliche Distanzierung von der Beratung und Beschluss­fassung dar. Bei dem an der Beschluss­fassung mitwirkenden Ratsmitglied Viering habe bereits kein Ausschlussgrund vorgelegen. Als Fanbeauftragter des FSV Mainz 05 sei er nicht entgeltlich bei dem Verein beschäftigt. Seine Verbundenheit mit dem Verein unterscheide sich nicht wesentlich von derjenigen eines jeden Vereins­mit­glieds. Insofern bestehe ein maßgeblicher Unterschied zu den Entschei­dungs­trägern des Vereins.

Sperre für Bauleitplanung 2008 durch wirksamen Zielab­wei­chungs­be­scheid der SGD Süd aufgehoben

In materiell-rechtlicher Hinsicht verstoße der Bebauungsplan nicht gegen das Gebot zur Anpassung an die Ziele der Raumordnung. Zwar befinde sich das Plangebiet innerhalb des im Regionalen Raumord­nungsplan ausgewiesenen regionalen Grünzugs mit der Zielaussage eines Siedlungs­verbots. Diese Sperre für die Bauleitplanung sei jedoch durch den wirksamen Zielab­wei­chungs­be­scheid der SGD Süd vom 12. November 2008 aufgehoben worden.

Der Bebauungsplan genüge - mit Ausnahme der Parkdeck­re­gelung - auch den Anforderungen des Abwägungsgebots.

Stadtrat bei Satzungs­be­schluss nicht in unzulässiger Art und Weise gebunden

Entgegen der Auffassung der Antragsteller sei der Stadtrat bei seinem Satzungs­be­schluss am 23. September 2009 nicht in unzulässiger Art und Weise gebunden gewesen. Besprechungen, Abstimmungen oder Zusagen vor und während des Verfahrens seien gerade bei einer vorha­ben­be­zogenen Planung zwangsläufig. Sofern Vorfestlegungen erfolgt seien, habe sich der Stadtrat im Übrigen mit diesen ausreichend befasst.

Vorzugswürdige Stand­or­tal­ter­nativen nicht gegeben

Die Abwägung weise auch im Hinblick auf die durchgeführte Prüfung von Stand­or­tal­ter­nativen keine Fehler auf. Insbesondere drängten sich die Alter­na­tivstandorte „Bruchweg“ und „Portland“ schon wegen ihrer Innenstadtlage einerseits und der schlechteren ÖPNV-Anbindung andererseits nicht als offensichtlich vorzugswürdige Alternative auf.

Abwägungen zur Zulassung eines „unbegrünten Parkdecks“ fehlerhaft

Allerdings sei die Abwägungs­ent­scheidung unter dem Gesichtspunkt der Klimaökologie nicht vollständig abwägungs­feh­lerfrei. In dem eingeholten Klimagutachten werde im Einzelnen überzeugend dargelegt, dass sich das Plangebiet in einem für die Stadt Mainz klimaökologisch bedeutsamen Gelände befinde, nämlich einmal in einem Kaltluf­tent­ste­hungs­gebiet sowie im Westen eines Strömungs­kor­ridors, dessen Wirkungen bis ins Untere Zahlbachtal reichten. Hieraus zögen die Gutachter den nachvoll­ziehbaren Schluss, dass die lokalbedeutsame Kaltluft­strömung im Unteren Zahlbachtal nicht nachhaltig geschwächt werden dürfe. Diese Anforderungen würden zwar bei der Errichtung des geplanten Stadions beachtet. Im Hinblick auf das im Sondergebiet 2 vorgesehene Parkdeck empfehle der Gutachter als vertretbare Variante jedoch den Bau eines 4 m hohen Parkdecks mit extensiv begrüntem Dach. Ein unbegrüntes Parkdeck führe zu einer zusätzlichen thermischen Barriere, die zu einer deutlich stärkeren Reduktion des Kaltluft­vo­lu­men­stroms im Unteren Zahlbachtal führe. Da im Bebauungsplan trotz der Hinweise der Klimagutachter die Variante „unbegrüntes Parkdeck“ zugelassen werde, erweise sich die Abwägung als abwägungs­feh­lerhaft, weil dadurch die Bedeutung der klima­öko­lo­gischen Funktion des Plangebiets nicht mit dem ihr zukommenden Gewicht berücksichtigt worden sei. Ausschlaggebend hierfür sei, dass sich die obere Planungsbehörde im Zielab­wei­chungs­ver­fahren deutlich für die schonendere Variante „Parkdeck mit begrüntem Dach“ ausgesprochen habe, nachdem die obere Natur­schutz­behörde generelle Bedenken gegen die Errichtung eines Parkdecks erhoben habe.

Zu erwartende Lärmbe­ein­träch­ti­gungen und Beein­träch­ti­gungen der Landwirtschaft zumutbar

Hinsichtlich der Abwägung der übrigen Belange sei die planerische Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden. Das Verkehrskonzept beruhe auf nachvoll­ziehbaren Annahmen zu der voraus­sicht­lichen Verkehr­s­ent­wicklung. Die zu erwartenden Lärmbe­ein­träch­ti­gungen seien ebenso wie die Beein­träch­ti­gungen der Landwirtschaft fehlerfrei ermittelt und zutreffend als zumutbar gewertet worden. Auch in natur­schutz­recht­licher Hinsicht sei der Bebauungsplan mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Stadtrat habe keinen Anlass gehabt, aus arten­schutz­recht­lichen Gründen an der Reali­sier­barkeit des Bebauungsplans zu zweifeln. Schließlich erweise sich die Abwägung zum Landschaftsbild und Naturschutz als fehlerfrei, weil der erforderliche Ausgleich der eingriffs­be­dingten Beein­träch­ti­gungen durch städtebauliche Vereinbarungen und geeignete sonstige Maßnahmen hinreichend sichergestellt sei.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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