Dokument-Nr. 29511
Permalink https://urteile.news/
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss23.11.2020
Landkreis muss Corona-Infektionszahlen zu Ortsgemeinden an die Presse herausgegebenPersonenzuordnung allein durch Infektionszahlen nicht möglich
In Rheinland-Pfalz müssen die Behörden Auskünfte zu SARS-CoV2-Infektionszahlen an die Presse grundsätzlich auch dann erteilen, wenn diese heruntergebrochen auf die Ebene der Ortsgemeinden begehrt werden. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz in einem Eilrechtsschutzverfahren.
Die Antragstellerin, Herausgeberin der Pirmasenser Zeitung, begehrte mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße von dem Landkreis Südwestpfalz Informationen sowohl über die seit Beginn der Pandemie insgesamt verzeichneten Infektionszahlen wie auch über die Anzahl der aktiven SARS-CoV2-Fälle, jeweils aufgeschlüsselt nach den einzelnen Ortsgemeinden des Landkreises. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag ab.
OVG bejahrt Auskunftsanspruch
Auf die Beschwerde der Antragstellerin hob das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf und gab dem Eilantrag statt. Die einstweilige Anordnung könne vorliegend ergehen, da eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anspruchs der Antragstellerin bestehe. Sie könne sich für ihr Begehren auf den einfachrechtlich in § 12 a Abs. 1 des Landesmediengesetzes normierten Auskunftsanspruch stützen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts würden durch die Übermittlung der angefragten Zahlen keine schutzwürdigen privaten Interessen verletzt, insbesondere liege hierin kein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung infizierter Personen.
Keine Personenzuordnung allein durch Infektionszahlen möglich
Ungeeignet sei bereits der auch vom Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI) Rheinland-Pfalz in einer erstinstanzlich vorgelegten Stellungnahme gewählte Anknüpfungspunkt der "Ortsgemeinde" als maßgebliches Kriterium für die Ablehnung von Auskunftsbegehren. Ortsgemeinden wiesen bei der Einwohnerzahl große Unterschiede auf. Teilweise erreichten Ortsgemeinden in Rheinland-Pfalz die Größe von Verbandsgemeinden, für die Infektionszahlen zur Verfügung gestellt würden. Aber auch bei sehr kleinen Ortsgemeinden begründeten die abgefragten Informationen für sich genommen keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Personenidentifizierbarkeit. Dass es in einer Ortsgemeinde (aktive) SARS-CoV2-Infektionen gebe, lasse ohne Zusatzwissen keinen Rückschluss auf die konkret betroffene(n) Person(en) zu.
Identifizierbarkeit betroffener Personen in kleinen Ortsgemeinden meist durch erfolgter und wahrnehmbarer Maßnahmen
Bei lebensnaher Betrachtung müsse gerade in kleinen Ortsgemeinden vielmehr davon ausgegangen werden, dass eine Identifizierbarkeit konkreter Personen allein anhand von vor Ort erfolgter und wahrnehmbarer Maßnahmen wie Quarantäneanordnungen oder Schul- und Kitaschließungen erfolge. Einer amtlichen Mitteilung über die Zahl der aktiven oder zurückliegenden Corona-Fälle bedürfe es für diese Erkenntnis und die Herstellung eines Personenbezugs hingegen nicht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.11.2020
Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, ra-online (pm/aw)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss29511
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.