14.11.2024
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Dokument-Nr. 31214

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Beschluss15.12.2021Oberverwaltungsgericht Nordrhein-WestfalenAktenzeichen: 6 A 739/18
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss15.12.2021

Einstufung von Polizei­prä­si­denten als politische Beamte verfas­sungs­widrigEingriff in das Lebens­zeit­prinzip, wonach Beamte grundsätzlich auf Lebenszeit zu beschäftigen sind

Die landes­ge­setzliche Zuordnung der nordrhein-westfälischen Polizei­prä­si­denten zum Kreis politischer Beamter, die jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, ist nach Auffassung des Oberverwaltungs­gerichts verfas­sungs­widrig. Weil es ein Parla­ments­gesetz nicht selbst verwerfen darf, hat das Oberverwaltungs­gericht heute dem Bundes­ver­fassungs­gericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 37 Abs. 1 Nr. 5 Landes­be­am­ten­gesetz NRW gegen das in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Lebens­zeit­prinzip verstößt.

Der Kläger war von 2011 bis Anfang 2016 Polizeipräsident in Köln. Er klagt gegen die am 12. Januar 2016 von der Landesregierung beschlossene Versetzung in den einstweiligen Ruhestand. Hintergrund waren die Vorfälle in der Silvesternacht 2015/2016 im Bereich des Kölner Doms und des Hauptbahnhofs, wo es zu zahlreichen sexuellen Übergriffen und Raub-/Diebstahl­s­de­likten gekommen war. Das Verwal­tungs­gericht Köln hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberver­wal­tungs­gericht das Verfahren nun ausgesetzt und dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht vorgelegt.

Richter sehen Eingriff in das durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Lebens­zeit­prinzip ein, wonach Beamte grundsätzlich auf Lebenszeit zu beschäftigen sind

Zur Begründung des Vorla­ge­be­schlusses hat die Vorsitzende des 6. Senats ausgeführt: Die Möglichkeit, den Polizei­prä­si­denten jederzeit in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, greift in das durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Lebenszeitprinzip ein, wonach Beamte grundsätzlich auf Lebenszeit zu beschäftigen sind. Als politischer Beamter muss der Polizei­prä­sident jederzeit befürchten, in den einstweiligen Ruhestand versetzt zu werden, auch wenn er den Anforderungen seines Amtes in vollem Umfang gerecht wird. Dieser Eingriff in das Lebens­zeit­prinzip ist nicht gerechtfertigt. Denn der Polizei­prä­sident gehört nicht zum Kreis enger Berater der Regierung; ihm obliegt nicht die Umsetzung politischer Zielvor­stel­lungen an der Nahtstelle von Politik und Verwaltung. Er ist vielmehr lediglich Leiter einer unteren und damit nachgeordneten Landesbehörde und nimmt im Wesentlichen administrativ-geset­zes­voll­ziehende Aufgaben wahr. Der Eingriff in das Lebens­zeit­prinzip ist auch unvereinbar mit der besonderen rechts­s­taat­lichen Bedeutung der politischen Unabhängigkeit von Polizei­be­hör­den­leitern, die in den sensiblen Bereichen der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr von besonderer Bedeutung ist.

Landesregierung hat bei Versetzung von politischen Beamten in den einstweiligen Ruhestand einen weiten Ermes­sens­spielraum

Auf die Verfas­sungs­mä­ßigkeit der landes­ge­setz­lichen Regelung kommt es an, weil die Versetzung des Klägers in den einstweiligen Ruhestand im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Landesregierung hat bei der Versetzung von politischen Beamten in den einstweiligen Ruhestand einen weiten Ermes­sens­spielraum. Aufgrund des Einsatz­ge­schehens in der Silvesternacht 2015/2016 und des anschließenden Kommu­ni­ka­ti­o­ns­ver­haltens des Polizei­prä­sidiums Köln war das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Kölner Polizei beschädigt. Wie das Land nachvollziehbar dargelegt hat, bestanden bei der Landesregierung Zweifel, dass mit dem Kläger als Polizei­prä­si­denten das verloren gegangene Vertrauen der Öffentlichkeit wieder­her­ge­stellt werden und die polizeiliche Bewältigung der seinerzeit kurzfristig anstehenden Großver­an­stal­tungen mit der dazu erforderlichen Durch­set­zungskraft und Akzeptanz gelingen könnte.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/pt)

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