24.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil23.11.2010

OVG Nordrhein-Westfalen: Polizeiliche Video­beobachtung einer friedlichen Versammlung rechtswidrigKamera­über­tragung ist geeignet Gefühl des Überwacht­werdens und damit verbundene Unsicherheiten und Einschüch­te­rungs­effekte zu erzeugen

Die durchgängige polizeiliche Video­be­ob­achtung einer friedlichen Versammlung von etwa 40 bis 70 Teilnehmern ist rechtswidrig, da es die Teilnehmer in ihren Grundrechten auf Versamm­lungs­freiheit und informationelle Selbst­be­stimmung verletzt. Dies entschied das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen.

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Polizei eine Versammlung während ihres gesamten Verlaufs mit einer aufnah­me­be­reiten Kamera beobachtet. Von dieser wurden Bilder in Echtzeit auf einen Monitor in einem voranfahrenden Kamerawagen übertragen. Bei einem unfriedlichen Verlauf sollten jederzeit Aufnahmen gefertigt werden können.

Bild- und Tonaufnahmen von Teilnehmern nur bei tatsächlichen Anhaltspunkte für konkrete Gefahr gerechtfertigt

Wenngleich keine Bilder gespeichert worden waren, hatte das Verwal­tungs­gericht einen Eingriff in die Grundrechte eines Versamm­lungs­teil­nehmers auf Versammlungsfreiheit und auf informationelle Selbst­be­stimmung angenommen, der nicht durch entsprechende Regelungen des Versamm­lungs­ge­setzes gedeckt gewesen sei. Danach darf die Polizei Bild- und Tonaufnahmen von Teilnehmern bei öffentlichen Versammlungen nur anfertigen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von ihnen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Diese Voraussetzungen lagen im konkreten Einzelfall nicht vor.

Überwachung unterscheidet sich aufgrund geringer Teilnehmerzahl signifikant von Übersichts­auf­nahmen bei Großde­mon­s­tra­tionen

Das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen ist der Argumentation der Polizei nicht gefolgt, einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfe eine Bildübertragung nur, wenn Aufnahmen gespeichert würden. Das Gericht führte aus, dass die konkrete Kamera­über­tragung geeignet gewesen sei, bei den Versamm­lungs­teil­nehmern das Gefühl des Überwacht­werdens mit den damit verbundenen Unsicherheiten und Einschüch­te­rungs­ef­fekten zu erzeugen. Aufgrund der Dauer des Einsatzes und der geringen Teilnehmerzahl sei auch ohne Speicherung eine intensive, länger andauernde und nicht nur flüchtige Beobachtung selbst einzelner Versamm­lungs­teil­nehmer auf dem Monitor möglich gewesen. Der Kameraeinsatz habe sich damit signifikant unterschieden von bloßen Übersichts­auf­nahmen, die bei Großde­mon­s­tra­tionen zur Lenkung eines Polizei­ein­satzes unter Umständen erforderlich seien, sowie von einer reinen Beobachtung durch begleitende Beamte.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online

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