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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil23.11.2010
OVG Nordrhein-Westfalen: Polizeiliche Videobeobachtung einer friedlichen Versammlung rechtswidrigKameraübertragung ist geeignet Gefühl des Überwachtwerdens und damit verbundene Unsicherheiten und Einschüchterungseffekte zu erzeugen
Die durchgängige polizeiliche Videobeobachtung einer friedlichen Versammlung von etwa 40 bis 70 Teilnehmern ist rechtswidrig, da es die Teilnehmer in ihren Grundrechten auf Versammlungsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung verletzt. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen.
Im zugrunde liegenden Fall hatte die Polizei eine Versammlung während ihres gesamten Verlaufs mit einer aufnahmebereiten Kamera beobachtet. Von dieser wurden Bilder in Echtzeit auf einen Monitor in einem voranfahrenden Kamerawagen übertragen. Bei einem unfriedlichen Verlauf sollten jederzeit Aufnahmen gefertigt werden können.
Bild- und Tonaufnahmen von Teilnehmern nur bei tatsächlichen Anhaltspunkte für konkrete Gefahr gerechtfertigt
Wenngleich keine Bilder gespeichert worden waren, hatte das Verwaltungsgericht einen Eingriff in die Grundrechte eines Versammlungsteilnehmers auf Versammlungsfreiheit und auf informationelle Selbstbestimmung angenommen, der nicht durch entsprechende Regelungen des Versammlungsgesetzes gedeckt gewesen sei. Danach darf die Polizei Bild- und Tonaufnahmen von Teilnehmern bei öffentlichen Versammlungen nur anfertigen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von ihnen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Diese Voraussetzungen lagen im konkreten Einzelfall nicht vor.
Überwachung unterscheidet sich aufgrund geringer Teilnehmerzahl signifikant von Übersichtsaufnahmen bei Großdemonstrationen
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ist der Argumentation der Polizei nicht gefolgt, einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfe eine Bildübertragung nur, wenn Aufnahmen gespeichert würden. Das Gericht führte aus, dass die konkrete Kameraübertragung geeignet gewesen sei, bei den Versammlungsteilnehmern das Gefühl des Überwachtwerdens mit den damit verbundenen Unsicherheiten und Einschüchterungseffekten zu erzeugen. Aufgrund der Dauer des Einsatzes und der geringen Teilnehmerzahl sei auch ohne Speicherung eine intensive, länger andauernde und nicht nur flüchtige Beobachtung selbst einzelner Versammlungsteilnehmer auf dem Monitor möglich gewesen. Der Kameraeinsatz habe sich damit signifikant unterschieden von bloßen Übersichtsaufnahmen, die bei Großdemonstrationen zur Lenkung eines Polizeieinsatzes unter Umständen erforderlich seien, sowie von einer reinen Beobachtung durch begleitende Beamte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.11.2010
Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online
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