23.11.2024
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Dokument-Nr. 30845

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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss22.09.2021

Kein Anspruch auf Distan­z­un­terricht statt Präsen­z­un­terricht in der Corona-PandemieEntbindung vom Präsen­z­un­terricht in eng begrenzten Ausnahmefällen und vorübergehend möglich

Ein Düsseldorfer Schüler der 8. Klasse eines Gymnasiums hat keinen Anspruch darauf, dass der Präsen­z­un­terricht durch Distan­z­un­terricht ersetzt wird. Dies hat das Ober­verwaltungs­gericht entschieden und damit die Beschwerde des Schülers gegen einen Eilbeschluss des Verwal­tungs­ge­richts Düsseldorf zurückgewiesen.

Der Achtklässler hatte geltend gemacht, sein Recht auf körperliche Unversehrtheit genieße in der aktuellen Pandemielage von vornherein Vorrang vor der Schul­be­suchs­pflicht. Auch habe das Land Nordrhein-Westfalen nur unzureichende Schutzmaßnahmen gegen eine Infektion von Schülerinnen und Schülern mit dem Coronavirus ergriffen.

OVG: Distan­z­un­terricht wird nur bei individueller gesund­heit­licher Gefährdung

Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Ein Anspruch schul­pflichtiger Schüler auf ausschließliche Erteilung von Distanzunterricht wird in der Regel nur bei einer individuellen gesund­heit­lichen Gefährdung der Schüler selbst oder ihrer in Haushalts­ge­mein­schaft lebenden Familien­an­ge­hörigen in Betracht kommen, insbesondere aufgrund von Vorerkrankungen. Einen solchen Anspruch macht der Antragsteller jedoch nicht geltend, sondern beruft sich auf ein von einer besonderen Vulnerabilität unabhängiges allgemeines Gesund­heits­risiko aufgrund der Coronavirus-Pandemie.

Abwägung zwischen Indivi­du­al­grund­rechte und Schulpflicht

In dieser Situation ist es Aufgabe des hierfür demokratisch legitimierten Gesetzgebers und der seiner Kontrolle unterliegenden Exekutive, im Spannungs­ver­hältnis von Indivi­du­al­grund­rechten und Schulpflicht eine Abwägung vorzunehmen. Dabei müssen der Gesund­heits­schutz bezogen auf das Risiko einer Infektion mit COVID-19 und etwaiger Folge­er­kran­kungen einerseits und körperlich-gesundheitliche und psychologische Beein­träch­ti­gungen sowie soziale Auswirkungen aufgrund anhaltenden Distan­z­un­ter­richts andererseits einer vertretbaren Bewertung zugeführt werden.

Rückkehr zum Präsen­z­un­terricht genügt den grund­recht­lichen Anforderungen mit Blick auf staatliche Schutzpflichten

In dieser unzweifelhaft komplexen Entschei­dungs­si­tuation steht dem Land ein Gestaltungs- und Entschei­dungs­spielraum zu. Die hierauf basierende schul­or­ga­ni­sa­to­rische Entscheidung für eine Rückkehr zum Präsenzunterricht in der aktuellen Form genügt den grund­recht­lichen Anforderungen mit Blick auf staatliche Schutzpflichten gegenüber Schülern. Sie steht auch im Einklang mit den völker- und menschen­recht­lichen Gewähr­leis­tungen der Europäischen Menschen­rechts­kon­vention. Zum derzeitigen Zeitpunkt ist es vertretbar, am Präsen­z­un­terricht unter Beachtung der in der Corona­be­treu­ungs­ver­ordnung statuierten allgemeinen Regelungen für den schulischen Bereich, der Maskenpflicht, der Teilnahme- und Zugangs­be­schrän­kungen für schulische Gemein­schaft­s­ein­rich­tungen und der Schultestungen festzuhalten.

Entbindung vom Präsen­z­un­terricht zum Schutz vorerkrankter Angehörige möglich

Flankiert wird dieses Schutzkonzept durch Quaran­tä­ne­be­stim­mungen zur Kontrolle des Infek­ti­o­ns­ge­schehens sowie durch Vorgaben des Ministeriums für Schule und Bildung, wonach eine Entbindung vom Präsen­z­un­terricht zum Schutz vorerkrankter Angehöriger grundsätzlich, wenn auch nur in eng begrenzten Ausnahmefällen und vorübergehend, in Betracht kommen kann. Der Beschluss ist unanfechtbar

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/ab)

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