18.10.2024
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil20.09.2018

Auskunftsklage hinsichtlich Akten­ver­nichtung im NSU-Verfahren gegen Bundesamt für Verfas­sungs­schutz teilweise erfolgreichBundesamt muss Auskunft über Dauer des Ermittlungs­verfahrens, Umfang der Ermittlungsakte, Zahl befragter Personen und zum möglichen eigenmächtig Handeln des Beamten erteilen

Das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass das Bundesamt für Verfas­sungs­schutz einem Journalisten bestimmte Auskünfte erteilen muss, die dieser über das Disziplinar­verfahren begehrt, das gegen einen seiner Beamten wegen der Vernichtung von Akten geführt wurde.

Kurz nach Bekanntwerden der Terro­ris­mus­or­ga­ni­sation NSU im November 2011 vernichtete ein Beamter des Bundesamtes für Verfassungsschutz einige der dort geführten Akten zu V-Leuten in der rechten Szene. Aus diesem Grund wurde gegen den Beamten mit dem Tarnnamen "Lothar Lingen" ein Diszi­pli­na­r­ver­fahren geführt. Der Kläger des zugrunde liegenden Falls, ein Journalist, begehrte vom Bundesamt Auskunft über das Diszi­pli­na­r­ver­fahren. Vor allem wollte er wissen, wie das Verfahren ausgegangen ist und mit welchem Aufwand das Bundesamt die diszi­pli­na­rischen Ermittlungen geführt hatte.

Das Verwal­tungs­gericht Köln hatte der darauf gerichteten Klage des Journalisten weitgehend entsprochen.

Bundesamt muss keine Auskunft über Vermutungen der Kollegen über Tatmotive erteilen

Das Oberver­wal­tungs­gericht änderte auf die Berufung des Bundesamtes das Urteil teilweise ab. Über den konkreten Ausgang des Verfahrens und die von Kollegen des Beamten möglicherweise angestellten Vermutungen über dessen Motive müsse das Bundesamt keine Auskunft geben. Demgegenüber seien insbesondere Informationen zur Dauer des Ermitt­lungs­ver­fahrens, zum Umfang der Ermittlungsakte, zur Zahl der befragten Personen und zur Frage, ob der Beamte eigenmächtig gehandelt habe, zu erteilen.

Öffentliches Interesse überwiegt Persön­lich­keits­in­teresse des Beamten und Vertrau­lich­keits­in­teresse des Dienstherrn

Dabei ist ging das Gericht in seinen Erwägungen davon aus, dass dem durch das Grundrecht der Pressefreiheit geschützten Berich­t­er­stat­tungs­in­teresse des Klägers und dem Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Öffentlichkeit vorliegend ein überragendes Gewicht zukomme. In der öffentlichen Diskussion und Berich­t­er­stattung zu den von den Mitgliedern des NSU verübten Morden und weiteren Straftaten habe von Anfang an auch die Frage eines Versagens der Sicher­heits­be­hörden breiten Raum eingenommen. Insbesondere der Vorgang der Akten­ver­nichtung im Bundesamt für Verfas­sungs­schutz habe Mutmaßungen begründet, dass es auch auf Seiten des Bundesamtes Fehlein­schät­zungen, Nachläs­sig­keiten und Pflicht­wid­rig­keiten gegeben habe, ohne die der NSU-Terror möglicherweise ein früheres Ende gefunden hätte. Das hieraus resultierende öffentliche Interesse überwiege mit Blick auf einen Teil der Fragen das Persön­lich­keits­in­teresse des Beamten und das Vertrau­lich­keits­in­teresse seines Dienstherrn, der Bundesrepublik Deutschland. Dass die Diszi­pli­na­r­vorgänge inzwischen gegen den Beamten nicht mehr verwertet werden dürften, stehe der Auskunft­s­er­teilung im vorliegenden Einzelfall nicht entgegen.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online

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