21.11.2024
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Dokument-Nr. 28893

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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss29.06.2020

OLG bestätigt Lockdown im Kreis GüterslohKontakt­beschränkungen und Untersagungs­anordnungen für bestimmte Kultur- und Freizeit­ak­ti­vitäten derzeit erforderlich und angemessen

Das Oberverwaltungs­gericht hat mit Beschluss einen Eilantrag eines Bürgers aus dem Kreis Gütersloh gegen die Corona­regio­na­l­ver­ordnung abgelehnt.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach einem Corona-Ausbruch in einem Schlachtbetrieb in Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh mit über 1.500 Infizierten hat das Land Nordrhein-Westfalen die bis zum 30. Juni 2020 geltende Coronaregionalverordnung erlassen. Sie sieht weitreichende Beschränkungen des öffentlichen Lebens für den Kreis Gütersloh und den benachbarten Kreis Warendorf vor. Danach dürfen im öffentlichen Raum grundsätzlich nur noch zwei Personen oder Menschen aus einem Familien- oder Haushalts­verbund zusammentreffen. Darüber hinaus werden erneut - über die landesweit gültigen Regelungen der Corona­schutz­ver­ordnung hinaus - zahlreiche Kultur- und Freizeit­ak­ti­vitäten eingeschränkt. So müssen etwa Museen, Theater, Kinos, Fitnessstudios und Hallenbäder wieder schließen.

Antragsteller beantragt vorläufige Außer­voll­zug­setzung der Corona­re­gi­o­na­l­re­ge­lungen im Kreis Gütersloh

Der aus Schloß Holte-Stukenbrock stammende Antragsteller hat die vorläufige

Außer­voll­zug­setzung der Corona­re­gi­o­na­l­ver­ordnung für die im Kreis Gütersloh gelegenen Kommunen Versmold, Borgholzhausen, Werther, Halle (Westf.), Steinhagen und Schloß Holte-Stukenbrock beantragt. In den genannten Städten und Gemeinden seien allenfalls sehr geringe Infek­ti­o­ns­zahlen festgestellt worden, und dort lebten auch nur wenige oder gar keine Beschäftigten des betroffenen Schlacht­be­triebs mit ihren Familien. Angesichts dessen sei die Corona­re­gi­o­na­l­ver­ordnung räumlich zu weit gefasst und damit unver­hält­nismäßig. Sie führe überdies zu einer Stigmatisierung und verstoße gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Angegriffenen Regelungen wegen der Vielzahl positiv getesteter Personen eines Schlacht­be­triebes voraussichtlich rechtmäßig

Dem ist das Oberver­wal­tungs­gericht nicht gefolgt. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt: Die angegriffenen Regelungen seien, soweit sie den Kreis Gütersloh beträfen, voraussichtlich rechtmäßig. Wegen der Vielzahl der in dem Schlachtbetrieb tätigen positiv getesteten Personen und des Umstands, dass diese sich bis zur Anordnung der häuslichen Quarantäne für alle Mitarbeiter im Kreisgebiet Gütersloh frei bewegt hätten, bestehe die hinreichend konkrete Gefahr, dass sich das Virus weitgehend unbemerkt unter der übrigen Bevölkerung des Kreises Gütersloh verbreitet haben könnte. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die hohe Infektiosität des Virus habe das Land den ihm zuzubilligenden Ermes­sens­spielraum voraussichtlich nicht überschritten, als es Schutzmaßnahmen für den gesamten Kreis Gütersloh ergriffen habe.

Verord­nungszweck steht derzeit nicht außer Verhältnis zur Schwere des Eingriffs

Die vom Antragsteller sinngemäß vorgeschlagene Möglichkeit, im Falle steigender Neuin­fek­ti­o­ns­zahlen in den kreis­an­ge­hörigen Kommunen konkrete Maßnahmen vor Ort zu ergreifen, stelle kein ebenso effektives Mittel dar wie die in der Corona­re­gi­o­na­l­ver­ordnung vorgesehenen kreisweiten Kontakt­be­schrän­kungen und Unter­sa­gungs­a­n­ord­nungen für bestimmte Kultur- und Freizeit­ak­ti­vitäten. Der beabsichtigte Verord­nungszweck stehe derzeit nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Verordnung mit einer Geltungsdauer von (zunächst) nur einer Woche zeitlich sehr eng befristet sei und die vorgesehenen Schutzmaßnahmen mit einer deutlichen Ausweitung von Testungen der Kreis­be­völ­kerung auf das Coronavirus einhergingen. Auf diese Weise könne voraussichtlich nach relativ kurzer Zeit eine belastbare Abschätzung des tatsächlichen Infek­ti­o­ns­ge­schehens getroffen werden, um auf dieser Grundlage über die weitere Vorgehensweise zu entscheiden.

Keine Ungleich­be­handlung des Kreises Gütersloh gegenüber anderen Regionen Nordrhein-Westfalens

Es sei auch nicht zu erkennen, dass die Corona­re­gi­o­na­l­ver­ordnung Ursache einer Stigmatisierung der im Kreis Gütersloh wohnenden Bevölkerung sei. Die von anderen Bundesländern für ihren Zustän­dig­keits­bereich eingeführten Quaran­tä­ne­re­ge­lungen und Beher­ber­gungs­verbote knüpften nicht an die Corona­re­gi­o­na­l­ver­ordnung an, sondern daran, dass die Zahl der Neuinfektionen in dem Heimatkreis der Reisenden in den vergangenen sieben Tagen vor der Anfahrt pro 100.000 Einwohner mehr als 50 betragen habe. Eine Ungleichbehandlung des Kreises Gütersloh gegenüber anderen Regionen Nordrhein-Westfalens sei schließlich angesichts des massiven Corona-Ausbruchs in Rheda-Wiedenbrück und der daraus folgenden Unsicherheiten sachlich gerechtfertigt.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/ab)

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