18.10.2024
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss24.04.2013

OVG Nordrhein-Westfalen stoppt "Hygienepranger"Veröf­fent­lichung von Mängeln verletzt Recht der Unternehmen auf informationelle Selbst­be­stimmung und auf freie Berufsausübung

Das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen hat den Lebens­mit­te­l­über­wa­chungs­be­hörden untersagt, die bei Betrie­bs­kon­trollen festgestellten lebensmittel- und hygie­ne­recht­lichen Mängel im Internet auf der dafür vorgesehenen Plattform (www.lebens­mit­tel­trans­parenz-nrw.de) zu veröffentlichen.

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Städteregion Aachen im Oktober 2012 in einer Bäckerei zahlreiche Hygienemängel festgestellt; im Kreis Mettmann ergaben sich im Dezember 2012 Verstöße gegen Hygienevorschriften in einer Gaststätte; ebenfalls im Oktober 2012 ermittelte der Märkische Kreis, dass in einem lebens­mit­tel­ver­a­r­bei­tenden Betrieb der zulässige Grenzwert für einen Lebens­mit­tel­zu­satzstoff überschritten wurde.

Mängel der Betriebe sollen unter namentlicher Nennung auf Inter­net­plattform veröffentlicht werden

Allen drei Betrieben wurde daraufhin mitgeteilt, dass die Öffentlichkeit nach § 40 Abs. 1a des Lebensmittel- und Futter­mit­tel­ge­setzbuchs - LFGB - (unten abgedruckt) unter namentlicher Nennung des Unternehmens und Beschreibung des Verstoßes über die - inzwischen größtenteils behobenen - Mängel in der o. g. Internetplattform unterrichtet werden solle.

Verwal­tungs­ge­richte untersagten Behörden beabsichtigte Veröf­fent­lichung

Um dies zu verhindern, beantragten die drei Unternehmen beim Verwal­tungs­gericht Aachen, Verwal­tungs­gericht Düsseldorf und Verwal­tungs­gericht Arnsberg eine einstweilige Anordnung. Alle drei Verwal­tungs­ge­richte gaben diesen Anträgen mit unter­schied­licher Begründung statt und untersagten den Behörden die beabsichtigte Veröf­fent­lichung.

Gesetzgeber muss zeitliche Wirkung der Veröf­fent­lichung durch Aufnahme einer Löschungsfrist einschränken

Die gegen diese Entscheidungen erhobenen Beschwerden der Behörden wies das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen zurück. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die beabsichtigte Veröf­fent­lichung rechtswidrig sei. Sie verletze das Recht der Unternehmen auf informationelle Selbst­be­stimmung und freie Berufsausübung. Es fehle an der erforderlichen gesetzlichen Ermäch­ti­gungs­grundlage, weil § 40 Abs. 1a LFGB verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen nicht genüge. Die Vorschrift grenze die vorgesehene Information der Öffentlichkeit zeitlich nicht ein. Die Information der Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie des Lebensmittel- oder Futter­mit­tel­un­ter­nehmers stelle angesichts ihrer weitreichenden Verbreitung, die durch die automatische Abrufbarkeit über das Internet erreicht werde, und ihrer potentiell gewichtigen wirtschaft­lichen Auswirkungen eine besonders weitgehende Form eines Eingriffs in die Rechte der betroffenen Unternehmen dar. Deshalb müsse der Gesetzgeber die zeitliche Wirkung dieser Veröf­fent­lichung durch Aufnahme einer Löschungsfrist einschränken. Daran fehle es. Die Bestimmung einer solchen Dauer dürfe der Gesetzgeber schon wegen des Vorbehalts des Gesetzes und der Vorher­seh­barkeit der Rechtslage für den Bürger nicht der Entscheidung der Verwaltung, z. B. durch Verwal­tungs­vor­schriften, überlassen (in Nordrhein-Westfalen sehen diese eine Dauer von einem Jahr ab Beginn der Veröf­fent­lichung vor).

Veröf­fent­lichung ansonsten grundsätzlich nicht zu beanstanden

Abgesehen von dieser Lücke im Gesetz sei eine Veröf­fent­lichung auf Grund von § 40 Abs. 1a LFGB angesichts der damit verfolgten Ziele wie Verbrau­che­r­in­for­mation, Markt­trans­parenz und abschreckende Wirkung grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr.

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