21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine stilisierte Weltkarte mit der Illustration eines Laptops, auf dem ein Paragraphenzeichen prangt.
ergänzende Informationen

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss24.04.2013

OVG Nordrhein-Westfalen stoppt "Hygienepranger"Veröf­fent­lichung von Mängeln verletzt Recht der Unternehmen auf informationelle Selbst­be­stimmung und auf freie Berufsausübung

Das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen hat den Lebens­mit­te­l­über­wa­chungs­be­hörden untersagt, die bei Betrie­bs­kon­trollen festgestellten lebensmittel- und hygie­ne­recht­lichen Mängel im Internet auf der dafür vorgesehenen Plattform (www.lebens­mit­tel­trans­parenz-nrw.de) zu veröffentlichen.

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Städteregion Aachen im Oktober 2012 in einer Bäckerei zahlreiche Hygienemängel festgestellt; im Kreis Mettmann ergaben sich im Dezember 2012 Verstöße gegen Hygienevorschriften in einer Gaststätte; ebenfalls im Oktober 2012 ermittelte der Märkische Kreis, dass in einem lebens­mit­tel­ver­a­r­bei­tenden Betrieb der zulässige Grenzwert für einen Lebens­mit­tel­zu­satzstoff überschritten wurde.

Mängel der Betriebe sollen unter namentlicher Nennung auf Inter­net­plattform veröffentlicht werden

Allen drei Betrieben wurde daraufhin mitgeteilt, dass die Öffentlichkeit nach § 40 Abs. 1a des Lebensmittel- und Futter­mit­tel­ge­setzbuchs - LFGB - (unten abgedruckt) unter namentlicher Nennung des Unternehmens und Beschreibung des Verstoßes über die - inzwischen größtenteils behobenen - Mängel in der o. g. Internetplattform unterrichtet werden solle.

Verwal­tungs­ge­richte untersagten Behörden beabsichtigte Veröf­fent­lichung

Um dies zu verhindern, beantragten die drei Unternehmen beim Verwal­tungs­gericht Aachen, Verwal­tungs­gericht Düsseldorf und Verwal­tungs­gericht Arnsberg eine einstweilige Anordnung. Alle drei Verwal­tungs­ge­richte gaben diesen Anträgen mit unter­schied­licher Begründung statt und untersagten den Behörden die beabsichtigte Veröf­fent­lichung.

Gesetzgeber muss zeitliche Wirkung der Veröf­fent­lichung durch Aufnahme einer Löschungsfrist einschränken

Die gegen diese Entscheidungen erhobenen Beschwerden der Behörden wies das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen zurück. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die beabsichtigte Veröf­fent­lichung rechtswidrig sei. Sie verletze das Recht der Unternehmen auf informationelle Selbst­be­stimmung und freie Berufsausübung. Es fehle an der erforderlichen gesetzlichen Ermäch­ti­gungs­grundlage, weil § 40 Abs. 1a LFGB verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen nicht genüge. Die Vorschrift grenze die vorgesehene Information der Öffentlichkeit zeitlich nicht ein. Die Information der Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie des Lebensmittel- oder Futter­mit­tel­un­ter­nehmers stelle angesichts ihrer weitreichenden Verbreitung, die durch die automatische Abrufbarkeit über das Internet erreicht werde, und ihrer potentiell gewichtigen wirtschaft­lichen Auswirkungen eine besonders weitgehende Form eines Eingriffs in die Rechte der betroffenen Unternehmen dar. Deshalb müsse der Gesetzgeber die zeitliche Wirkung dieser Veröf­fent­lichung durch Aufnahme einer Löschungsfrist einschränken. Daran fehle es. Die Bestimmung einer solchen Dauer dürfe der Gesetzgeber schon wegen des Vorbehalts des Gesetzes und der Vorher­seh­barkeit der Rechtslage für den Bürger nicht der Entscheidung der Verwaltung, z. B. durch Verwal­tungs­vor­schriften, überlassen (in Nordrhein-Westfalen sehen diese eine Dauer von einem Jahr ab Beginn der Veröf­fent­lichung vor).

Veröf­fent­lichung ansonsten grundsätzlich nicht zu beanstanden

Abgesehen von dieser Lücke im Gesetz sei eine Veröf­fent­lichung auf Grund von § 40 Abs. 1a LFGB angesichts der damit verfolgten Ziele wie Verbrau­che­r­in­for­mation, Markt­trans­parenz und abschreckende Wirkung grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr.

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss15715

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI