Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss30.03.2020
OVG Nordrhein-Westfalen weist Beschwerde von Anwohnern gegen Pflegeheim zurückLebensäußerungen von kranken und behinderten Bewohner eines Pflegeheims stellen keinen Verstoß gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot dar
Das OVG Münster hat mit Eilbeschluss entschieden, dass sich Anwohner eines Pflegeheims insbesondere nicht mit der Begründung, dass die schon derzeit mit der Nutzung des Pflegeheims verbundene, ganz enorme "Geräuschkulisse" näher an ihr Grundstück heranrücke, gegen eine Baugenehmigung für einen Anbau wenden können.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Nachbarn eines Pflegeheims hatten sich gegen die Vollziehung der Baugenehmigung der Stadt Essen für einen Anbau gewandt, insbesondere mit der Begründung, dass die schon derzeit mit der Nutzung des Pflegeheims verbundene, ganz enorme "Geräuschkulisse" näher an ihr Grundstück heranrücke. In einer ersten Entscheidung hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen dem Antrag noch entsprochen, ihn dann aber abgelehnt.
OVG verneint schädliche Umwelteinwirkung wegen "Geräuschkulisse" eines benachbarten Pflegeheims
Das Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss hervorgehoben, dass die Nutzung des Pflegeheims baurechtlich als Wohnnutzung zu qualifizieren sei und es sich von selbst verstehe, dass die Lautäußerungen von kranken oder behinderten Bewohnern, auch wenn sie auf einem benachbarten Grundstück deutlich wahrgenommen werden können, keine schädlichen Umwelteinwirkungen seien beziehungsweise nicht zu einem Verstoß gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot führen können. Aus diesem Grund könne es für den Ausgang des Rechtsstreits auch nicht auf die Rechtmäßigkeit oder Bestimmtheit der nachträglich der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen zur Einhaltung bestimmter Immissionswerte oder zu der Verpflichtung, bei "außergewöhnlichen Lärmereignissen in den Zimmern", die dem Grundstück der Antragsteller zugewandt seien, die Fenster geschlossen zu halten, ankommen.
Lärmbelästigung von Rettungswagen oder Helikoptern sind kein Bestandteil von Baugenehmigungen
Im Übrigen ließen sich Beeinträchtigungen in den von den Antragstellern entwickelten Szenarien, etwa Einsätze von Rettungswagen oder gar von Helikoptern, die nach Bewohnern suchten, die sich verirrt hätten, nicht in einer Baugenehmigung regeln und seien von jedermann und auch von den Nachbarn eines Pflegeheims als sozialadäquate Auswirkungen von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr beziehungsweise zur Rettung von Personen hinzunehmen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.04.2020
Quelle: Oberlandesgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/ab)