18.10.2024
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Dokument-Nr. 32934

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Beschluss24.05.2023Oberverwaltungsgericht Münster4 B 1590/20
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Oberverwaltungsgericht Münster Beschluss24.05.2023

Widerruf der Registrierung eines Inkasso­dienst­leisters ist rechtensDauerhaft unqua­li­fi­zierter Rechts­dienstl­eistungen rechtfertigt Entzug der Inkasso­registrierung

Der Widerruf der Registrierung eines Inkas­so­un­ter­nehmens wegen dauerhaft unqua­li­fi­zierter Rechts­dienstl­eistungen im Zusammenhang mit der Internetseite „www.pro-benheld.de“ und der App „Park & Collect“ war voraussichtlich rechtmäßig. Das hat das Ober­verwaltungs­gericht entschieden und die vorausgegangene Eilentscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Düsseldorf geändert.

Die Antragstellerin ist ein Inkassounternehmen, das vom Oberlan­des­gericht Düsseldorf in Bezug auf Inkas­so­dienst­leis­tungen in das Rechts­dienst­leis­tungs­re­gister eingetragen worden war. In der Vergangenheit hat sie unter anderem Forderungen geltend gemacht, die im Zusammenhang mit der Internetseite „www.probenheld.de“ generiert worden waren, über die vermeintlich kostenlose Proben bestellt werden konnten. Weiter betrieb die Antragstellerin die App „Park & Collect“, über welche Parkplat­z­inhaber Parkverstöße melden und einen „Tarif“ zwischen 1 und 40 Euro angeben konnten. Diesen Betrag machte die Antragstellerin nach Halte­r­er­mittlung gegenüber den Fahrzeughaltern als Schaden­s­er­satz­for­derung geltend.

Eilantrag gegen Widerruf der Inkas­so­re­gis­trierung erfolgreich

Später betrieb sie die App nicht mehr selbst, trat gegenüber den Fahrzeughaltern aber weiterhin als Inkas­so­dienst­leisterin auf. Sie unterbreitete diesen nunmehr im Auftrag der Parkplat­z­inhaber außer­ge­richtliche Vergleichs­an­gebote, damit die Geltendmachung von Unter­las­sungs­ansprüchen vermieden werden könne. Beim Oberlan­des­gericht gingen zahlreiche Beschwerden ein, in denen unter anderem das Bestehen der geltend gemachten Forderungen bestritten und das Geschäfts­gebaren der Antragstellerin als unlauter beanstandet wurde. Es widerrief daraufhin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Registrierung der Antragstellerin, weil sie die erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze und dauerhaft unqualifizierte Rechts­dienst­leis­tungen erbringe. Dem Eilantrag der Antragstellerin gab das Verwal­tungs­gericht Düsseldorf statt.

Widerruf wegen Verletzung unter­neh­me­rischer Sorgfalts­pflichten gerechtfertigt

Die dagegen gerichtete Beschwerde des Landes hatte nun vor dem Oberver­wal­tungs­gericht Erfolg. Die Annahme, die Antragstellerin erbringe dauerhaft unqualifizierte Rechts­dienst­leis­tungen, war schon deshalb gerechtfertigt, weil sie wiederholt und erheblich unter­neh­me­rische Sorgfalts­pflichten verletzt und im erheblichen Umfang Rechts­dienst­leis­tungen über die eingetragene Befugnis hinaus erbracht hat. Sie hat es wiederholt unterlassen, das Bestehen geltend gemachter Forderungen trotz seit dem Jahr 2018 substantiiert erhobener Einwände näher zu prüfen, und Forderungen geltend gemacht, die erkennbar ganz oder teilweise nicht bestanden. Schon unmittelbar nach Beginn ihrer Inkas­sotä­tigkeit in Bezug auf die Internetseite „www.probenheld.de“ lagen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass über die Antragstellerin in betrügerischer Absicht unberechtigte Forderungen geltend gemacht werden sollten. Es gab eine Vielzahl gleich­ge­la­gerter Beschwerden von Beschwer­de­führern, sie seien allein aufgrund einer Registrierung auf dieser Internetseite, aber ohne erkennbaren Vertragsschluss mit unberechtigten Forderungen überzogen worden. Die Antragstellerin hat die zweifelhaften Forderungen monatelang weiter unter Erhöhung des Zahlungsdrucks geltend gemacht. Ihr Verhalten lässt jedenfalls eine für eine qualifizierte Rechts­dienst­leistung nicht hinnehmbare Gleich­gül­tigkeit gegenüber mutmaßlich betrügerischen Geschäfts­gebaren ihrer Auftraggeber erkennen.

Überschreitung der Rechts­dienst­leis­tungs­be­fugnisse

Diese Gleich­gül­tigkeit prägte auch ihre Tätigkeit bei der Einziehung von vermeintlichen Schaden­s­er­satz­for­de­rungen aus Parkverstößen. Die Antragstellerin hat jedenfalls billigend in Kauf genommen, dass die für ihre Mandanten geltend gemachten Schaden­s­er­satz­ansprüche nicht bestanden. Denn es lagen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der von dem App-Nutzer angegebene „Tarif“ regelmäßig nicht der Höhe eines tatsächlich entstandenen Schadens entsprach, ein bezifferbarer Schaden vielmehr regelmäßig schon gar nicht eingetreten war. Indem sie später ihr Geschäftsmodell änderte und den Fahrzeughaltern zeitlich befristete „außer­ge­richtliche Vergleichs­an­gebote“ machte, erbrachte sie zudem in erheblichem Umfang Rechts­dienst­leis­tungen über ihre eingetragene Befugnis hinaus. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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