15.11.2024
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Dokument-Nr. 32233

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Urteil28.09.2022Oberverwaltungsgericht Lüneburg5 LB 59/20, 5 LC 202/17,5 LC 206/17, 5 LC 207/17, 5 LC 208/17, u.a.
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Oberverwaltungsgericht Lüneburg Urteil28.09.2022

Klagen auf Entschädigung wegen alters­diskri­mi­nie­render Besoldung nieder­säch­sischer Beamter erfolglosKeine Entschädigungs­zahlungen wegen alters­diskri­mi­nie­renden Besoldung

Das Ober­verwaltungs­gericht Lüneburg hat die Berufungen gegen eine Vielzahl von Entscheidungen der Verwal­tungs­ge­richte Braunschweig, Hannover, Lüneburg und Oldenburg zurückgewiesen, mit denen diese Klagen nieder­säch­sischer Beamter auf Zahlung von Entschädigung wegen alters­diskri­mi­nie­render Besoldung abgewiesen hatten.

Bis Ende des Jahres 2016 richtete sich die Besoldung von nieder­säch­sischen Beamten nach sog. Dienst­al­ter­s­stufen. Dabei bildete das in Abhängigkeit vom Lebensalter bestimmte Besol­dungs­dien­stalter den Anknüp­fungspunkt für die erstmalige Zuordnung eines Beamten zu einer Besoldungsstufe. Der Europäische Gerichtshof sah mit Urteil vom 8. September 2011 eine Vergütung nach dem Lebensalter im Bereich der Tarif­be­schäf­tigten (Arbeitnehmer) als unions­rechts­widrig an. Nachfolgend stellte er mit Urteil vom 19. Juni 2014 die Unions­rechts­wid­rigkeit von an das Lebensalter anknüpfenden Besol­dungs­systemen für Beamte fest. Daraufhin änderte das Land Niedersachsen Ende des Jahres 2016 sein Besol­dungs­gesetz und ersetzte die früheren Dienst­al­ter­s­stufen - rückwirkend ab September 2011 - durch sog. Erfah­rungs­stufen.

Kläger monieren alte und neue Gesetzeslage

Die klagenden Beamten sind der Auffassung, dass ihnen sowohl vor als auch nach der Geset­ze­s­än­derung Ansprüche auf Entschädigung zustehen. Hinsichtlich des früheren, unstreitig alters­dis­kri­mi­nie­renden Besol­dungs­ge­setzes hätten sie ihre Ansprüche rechtzeitig in der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 des Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­ge­setzes (AGG) geltend gemacht. Aber auch die neue Gesetzeslage mit dem Erfahrungsstufensystem sei alters­dis­kri­mi­nierend. Die nicht begründete Unterstellung des Gesetzgebers, berufliche Erfahrungen selbst zum Ende einer bis zu 28 Jahre andauernden Erfahrungszeit führten zu honorierbaren besseren Arbeits­er­geb­nissen, sei nicht haltbar.

OVG: Ansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht

Der Senat hat die Berufungen der nieder­säch­sischen Beamten gegen die klage­ab­wei­senden Urteile der Verwal­tungs­ge­richte zurückgewiesen. Den Beamten stünden keine Entschä­di­gungs­zah­lungen wegen einer alters­dis­kri­mi­nie­renden Besoldung zu. Vor Inkrafttreten der Neuregelung des Nieder­säch­sischen Besol­dungs­ge­setzes, d. h. bis August 2011, sei die Besoldung der Kläger zwar alters­dis­kri­mi­nierend gewesen. Sie hätten ihre Ansprüche aber nicht rechtzeitig geltend gemacht, weil sie die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG, der für die Geltendmachung von Ansprüchen eine Frist von zwei Monaten vorsehe, nicht gewahrt hätten. Diese Frist beginne in dem Zeitpunkt zu laufen, in welchem der Betroffene Kenntnis von seiner Benachteiligung, hier der Altersdiskriminierung, erlangt habe. Dies sei mit der Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Juni 2014 mit der Klärung der Rechtslage zu den Besol­dungs­systemen für Beamte der Fall gewesen, so dass die Ausschlussfrist mit Ablauf des 19. August 2014 geendet habe. Die Beamten, in deren Berufungs­ver­fahren Entschä­di­gungs­ansprüche wegen des alten Dienst­al­ter­s­s­tu­fen­systems streitig gewesen seien, hätten ihre Anträge aber erst nach diesem Datum gestellt.

Erfah­rungs­stu­fen­system angemessenes und erforderliches Mittel zur Honorierung von Berufserfahrung

Mit der Neuregelung des Nieder­säch­sischen Besol­dungs­ge­setzes habe das Land Niedersachsen den Verstoß gegen das Verbot der Alters­dis­kri­mi­nierung beseitigt. Das rückwirkend zum September 2011 eingeführte Erfah­rungs­stu­fen­system sei ein angemessenes und erforderliches Mittel zur Honorierung von Berufserfahrung. Der Gesetzgeber dürfe pauschalierend bestimmte Zeiträume für den Stufenaufstieg festlegen. Er sei nicht dazu verpflichtet gewesen, vor der Einführung des Erfah­rungs­stu­fen­systems eine auf empirische Untersuchungen basierende Begründung für die jeweilige Anzahl und den Abstand der einzelnen Erfah­rungs­stufen und der daraus resultierenden Erfahrungszeit bis zum Erreichen der Endstufe der Besoldung zu geben. Eine Revision zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat der Senat nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde eingelegt werden.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Lüneburg, ra-online (pm/ab)

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