Dokument-Nr. 21054
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- DAR 2015, 218Zeitschrift: Deutsches Autorecht (DAR), Jahrgang: 2015, Seite: 218
- NJW 2015, 1467Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 1467
- zfs 2015, 420Zeitschrift für Schadenrecht (zfs), Jahrgang: 2015, Seite: 420
- Verwaltungsgericht Braunschweig, Urteil26.06.2014
Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschluss26.02.2015
Aufgrund einer linksseitigen Lähmung benötigte Hilfe beim Anschnallen rechtfertigt keine Befreiung von der GurtanlegepflichtVoraussetzung für Befreiung wäre Vorliegen von ernsthaften Gesundheitsschäden durch Sicherheitsgurt
Ein Beifahrer kann nur dann einen Anspruch auf Befreiung von der Gurtpflicht haben, wenn mit der Benutzung des Sicherheitsgurts ernsthafte Gesundheitsschäden verbunden sind. Dies ist nicht bereits dann anzunehmen, wenn ein Beifahrer aufgrund einer linksseitigen Lähmung Hilfe beim Anschnallen benötigt. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2012 beantragte ein Mann die Befreiung von der Anschnallpflicht als Beifahrer. Zur Begründung führte er aus, dass es ihm aufgrund einer linksseitigen Lähmung unmöglich sei den Sicherheitsgurt anzulegen. Die zuständige Behörde lehnte den Antrag jedoch mit dem Hinweis ab, der Mann könne sich beim Anschnallen zum Beispiel vom Fahrer helfen lassen oder auf dem Rücksitz Platz nehmen, um den Gurt mit der rechten Hand selbst anzulegen. Der Mann hielt dies jedoch für zu gefährlich. Da er sich aufgrund seiner Lähmung nicht selbst abschnallen könne, bestehe für ihn die erhöhte Gefahr im Falle eines Unfalls zu Ertrinken oder zu Verbrennen. Er erhob daher Klage.
Verwaltungsgericht wies Klage ab
Das Verwaltungsgericht Braunschweig wies die Klage ab. Die beklagte Behörde habe mit zutreffenden Argumenten den Antrag auf Befreiung der Anschnallpflicht abgelehnt. Soweit der Kläger eine erhöhte Gefahr des Ertrinkens oder Verbannens anführte, hielt das Gericht dies für unbeachtlich. Das Risiko eines solchen Unfalls sei als geringer einzuschätzen als das Risiko eines Unfalls, bei dem aufgrund des Nichtanlegens des Gurts schwere Verletzungen mit Folgen für die Allgemeinheit eintreten können. Da das Verwaltungsgericht die Berufung nicht zuließ, beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung.
Oberverwaltungsgericht verneinte ebenfalls Anspruch auf Befreiung der Anschnallpflicht
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und wies daher den Antrag auf Zulassung der Berufung zurück. Ein Kraftfahrzeugführer oder Beifahrer habe nur dann einen Anspruch auf Befreiung von der Anschnallpflicht, wenn die Benutzung des Sicherheitsgurts aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar ist, weil mit der Nutzung für ihn konkrete ernsthafte Gesundheitsschäden verbunden sind, denen auf anderem Wege nicht vorgebeugt werden kann und die als solche von einem Arzt bestätigt werden können. Diese Voraussetzung habe hier nicht vorgelegen. Allein die Abneigung sich beim Anschnallen helfen lassen zu müssen rechtfertige keine Befreiung.
Verzicht auf Sicherheitsgurt betrifft nicht nur Selbstgefährdung
Soweit der Kläger anführte, dass der Verzicht auf den Sicherheitsgurt nur seine Selbstgefährdung betreffe, hielt das Oberverwaltungsgericht dies für unzutreffend. Der Insasse eines Kraftfahrzeugs handle nicht nur auf eigenes Risiko. Vielmehr seien auch andere Verkehrsteilnehmer betroffen. Die Anschnallpflicht schütze zudem nicht nur andere Verkehrsteilnehmer, sondern auch die Allgemeinheit. Ist der Insasse eines Kraftfahrzeugs nämlich nicht angeschnallt und erleidet er dadurch im Falle eines Unfalls erhebliche Verletzungen, werden zum Beispiel Rettungsdienste und medizinische Versorgungseinrichtungen in Anspruch genommen sowie die Sozialsysteme belastet. Die vom Kläger angeführten Gefahren des Ertrinkens und Verbrennens seien demgegenüber als fernliegend anzusehen und können daher keine Befreiung von der Gurtpflicht begründen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.05.2015
Quelle: Oberverwaltungsgericht Lüneburg, ra-online (vt/rb)
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