18.10.2024
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Dokument-Nr. 31345

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Oberverwaltungsgericht Koblenz Beschluss04.01.2022

Al Nur-Kindergarten in Mainz bleibt geschlossenGefahr des Abgleitens in “religiös geprägte Parallel­gesellschaft”

Der Widerruf der Erlaubnis zum Betrieb des Al Nur-Kindergartens in Mainz ist rechtmäßig. Dies entschied das Ober­verwaltungs­gericht Koblenz.

Der Arab Nil-Rhein Verein erhielt im Jahr 2008 die Erlaubnis für den Betrieb des Al Nur-Kindergartens. Dabei wurde ihm die Auflage erteilt, zur Förderung der gesell­schaft­lichen und sprachlichen Integration der Kinder die interkulturelle Erziehung durch regelmäßige Kontakte mit anderen Kindergärten und Religi­o­ns­ge­mein­schaften zu unterstützen und mit anderen Kindergärten zusam­men­zu­a­r­beiten. Außerdem sei ein wissen­schaft­licher Beirat zu errichten.

Widerruf auch wegen Nähe zu salafistischen Bewegungen gerechtfertigt

Mit Bescheid vom 11. Februar 2019 widerrief das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung die Betriebserlaubnis, weil der Verein als Träger der Einrichtung nicht bereit oder nicht in der Lage sei, die Gefährdung für das Wohl der in der Einrichtung betreuten Kinder abzuwenden. Er sei den Auflagen in der Betrie­bs­er­laubnis nicht oder nur unzureichend nachgekommen. Außerdem seien immer mehr Sachverhalte bekannt geworden, die zeigten, dass der Verein eine enge Verbindung zur Muslim­bru­der­schaft und eine erhebliche Nähe zu salafistischen Bewegungen habe. Die Erlaubnis zum Betrieb des Al Nur-Kindergartens sei zu Recht widerrufen worden, weil das Wohl der in der Einrichtung betreuten Kinder gefährdet sei und der Antragsteller als Träger der Einrichtung nicht bereit oder nicht in der Lage sei, die Gefährdung abzuwenden. Es bestehe die konkrete Gefahr, dass die gesell­schaftliche Integration der Kinder erschwert werde. Der Antragsteller habe nicht im erforderlichen Umfang die ihm als Träger der Einrichtung obliegenden Maßnahmen ergriffen, um einem Abgleiten der betreuten Kinder in eine religiös geprägte Paral­lel­ge­sell­schaft vorzubeugen. Schon vor Erteilung der Betrie­bs­er­laubnis sei die Gefahr der Isolierung der Kinder und ihres Abgleitens in eine Paral­lel­ge­sell­schaft mit einem bestimmten Islam­ver­ständnis gesehen worden, der die Auflagen in der Betrie­bs­er­laubnis zu den regelmäßigen Kontakten mit anderen Kindergärten und zum wissen­schaft­lichen Beirat entgegenwirken sollten. Ohne diese Auflagen hätte der Antragsteller die Betrie­bs­er­laubnis nicht erhalten.

Widerruf wegen massiven Verstoß gegen Auflagen auch nicht unver­hält­nismäßig

Der Antragsteller habe gegen diese Auflagen jedoch massiv verstoßen. Von regelmäßigen Aktivitäten mit anderen Kindergärten könne keine Rede sein. Außerdem sei der Antragsteller zumeist nicht eigeninitiativ vorgegangen, sondern nur auf Aufforderung des Antragsgegners. Die Auflage zum wissen­schaft­lichen Beirat habe er ebenfalls nicht erfüllt. Die Gefährdung des Kindeswohls durch Erschwerung der gesell­schaft­lichen Integration der betreuten Kinder, die sämtlich einen Migra­ti­o­ns­hin­tergrund aufwiesen, werde durch den Umgang des Antragstellers mit Personen, Schriften und Institutionen aus dem islamistischen Umfeld verstärkt. Im vorliegenden Fall befänden sich die Räume des Kindergartens im gleichen Gebäude wie die Vereinsräume und die Moschee des Antragstellers. Er habe im räumlichen Umfeld des Al Nur-Kindergartens Personen auftreten lassen, die islamistische Auffassungen vertreten, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht in Einklang stünden, eine Schrift mit solchen Inhalten bereitgehalten und seine Räume für die Institution eines bekannten Islamisten zur Verfügung gestellt. Ob der Antragsteller als Träger des Kindergartens darüber hinaus selbst als islamistisch, salafistisch oder den Muslimbrüdern nahe stehend einzustufen sei, könne dahinstehen. Aus den genannten Defiziten des Antragstellers bei der Aufla­ge­n­er­füllung und seinem sonstigen Verhalten ergebe sich die Prognose, das er nicht willens und in der Lage sei, die Gefährdung der gesell­schaft­lichen Integration der im Al Nur-Kindergarten betreuten Kinder abzuwenden. Der Widerruf sei auch nicht unver­hält­nismäßig. Es habe zahlreiche Beratungs­ge­spräche mit dem Antragsteller gegeben; die erteilten Auflagen habe er nicht erfüllt.

Haupt­sa­che­ver­fahren ebenfalls ohne Erfolg

Das vom Trägerverein gegen den Widerruf nach Abschluss des Eilverfahrens fortgeführte Haupt­sa­che­ver­fahren blieb ebenfalls ohne Erfolg. Das Verwal­tungs­gericht wies seine Klage mit der Begründung ab, es schließe sich den Ausführungen des Oberver­wal­tungs­ge­richts im Eilverfahren – auch unter Berück­sich­tigung der nunmehr vom Kläger vorgelegten Auflistung von Aktivitäten des Kindergartens in den Jahren 2010 bis 2019 – für das Haupt­sa­che­ver­fahren an. Soweit aufgrund der engmaschigen Unterstützung durch den Beklagten der wissen­schaftliche Beirat wieder hinreichend besetzt worden sei, biete der Kläger im Lichte seines bisherigen Verhaltens keine Gewähr dafür, dass er diese Aufla­ge­n­er­füllung in Zukunft ohne anhaltende Intervention des Beklagten dauerhaft aufrecht­er­halten werde. Das Oberver­wal­tungs­gericht bestätigte diese Entscheidung und lehnte den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ab. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwal­tungs­ge­richt­lichen Urteils.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Koblenz, ra-online (pm/ab)

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