21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Urteil30.04.2015

Presse hat keinen Anspruch auf Auskunft über Ausarbeitungen des Wissen­schaft­lichen Dienstes des BundestagesPressefreiheit kann kein Vorrang vor dem grund­ge­setz­lichen Schutz des freien Bundes­tags­mandats eingeräumt werden

Das Ober­verwaltungs­gericht Berlin-Brandenburg hat in einem Eilverfahren entschieden, dass ein Journalist keine Auskunft von der Bundes­tags­verwaltung über Ausarbeitungen der Wissen­schaft­lichen Dienste des Bundestages verlangen kann.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte ein Journalist wissen wollen, ob und mit welchen Fragestellungen aus welchen Fraktionen sich die Wissen­schaft­lichen Dienste des Bundestages in den vergangenen zwei Jahren mit einem Verbots­ver­fahren gegen die NPD befasst haben und welchen Inhalt die betreffenden Ausarbeitungen haben.

Auskunfts­an­spruch stehen Interessen des freien Bundes­tags­mandats entgegen

Das Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg hat diesen Auskunfts­an­spruch verneint. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass ein Auskunfts­an­spruch der Presse gegen Institutionen des Bundes nur unmittelbar auf die in Artikel 5 Abs. 1 des Grundgesetzes garantierte Pressefreiheit gestützt werden kann. Diesem Auskunfts­an­spruch stehen jedoch die Interessen des freien Bundes­tags­mandats entgegen. Die in Artikel 38 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützte Freiheit des Mandats erfasst auch das Infor­ma­ti­o­ns­be­schaf­fungs­ver­halten der Bundes­tags­ab­ge­ordneten als Teil des parla­men­ta­rischen Willens­bil­dungs­pro­zesses. Da die Ausarbeitungen der Wissen­schaft­lichen Dienste des Bundestages der Infor­ma­ti­o­ns­be­schaffung des einzelnen Bundes­tags­ab­ge­ordneten dienen, nehmen sie teil an dem freien Mandat. Dass der Journalist nicht die Namen der Abgeordneten wissen möchte, die den Auftrag erteilt haben, sondern lediglich eine Zuordnung nach Fraktionen begehrt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Aufgrund der Spezialisierung der einzelnen Abgeordneten auf bestimmte Themen werden Anfragen zu der hier fraglichen Thematik in der Regel nur von wenigen Frakti­o­ns­mit­gliedern gestellt; diese sind deshalb durchaus identifizierbar. Dadurch besteht die Gefahr, dass sich Abgeordnete möglicherweise nicht mehr unbefangen an die Wissen­schaft­lichen Dienste des Bundestages wenden, wenn sie mit dem Bekanntwerden ihres Infor­ma­ti­o­ns­be­schaf­fungs­ver­haltens rechnen müssten. Zwar wird auch die Freiheit des Mandats nicht schrankenlos gewährleistet, sondern kann durch andere Rechtsgüter von Verfassungsrang, etwa die Pressefreiheit, begrenzt werden. Es spricht nach Auffassung des Oberver­wal­tungs­ge­richts aber viel dafür, dass die insoweit erforderliche Abwägungs­ent­scheidung dem Bundes­ge­setzgeber vorbehalten bleiben muss. Unabhängig davon ist jedenfalls in dem hier entschiedenen Fall der Pressefreiheit kein Vorrang vor dem grund­ge­setz­lichen Schutz des freien Mandats einzuräumen.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg/ra-online

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