15.11.2024
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Dokument-Nr. 29325

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Beschluss16.10.2020Oberverwaltungsgericht Berlin-BrandenburgOVG 11 S 87/20 und 88/20
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Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss16.10.2020

Brandenburger Beher­ber­gungs­verbot vorläufig außer Vollzug gesetztBeher­ber­gungs­verbot ist voraussichtlich unver­hält­nismäßig

Der 11. Senat des Ober­verwal­tungs­ge­richts Berlin-Brandenburg hat in zwei Eilverfahren § 7 Abs. 2 der aktuellen SARS-CoV-2-Umgangs­ver­ordnung des Landes Brandenburg im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Die Vorschrift regelt, dass Beher­ber­gungs­be­triebe keine Gäste aufnehmen dürfen, die aus einem Landkreis, einer kreisfreien Stadt oder einem Stadtstaat der Bundesrepublik anreisen oder dort ihren Wohnsitz haben, in dem oder in der in den letzten sieben Tagen vor der Anreise mehr als 50 Neuinfektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner vorgelegen haben.

Die Antrag­stel­le­rinnen, ein Hotelbetrieb im Landkreis Dahme-Spree und eine Vermieterin von Ferienwohnungen im Landkreis Ostprignitz-Ruppin, hatten unter anderem geltend gemacht, dass die genannte Regelung für sie zu erheblichen Einnah­me­ver­lusten führe und ihre verfas­sungs­rechtlich geschützte Berufsfreiheit verletze.

Richter: Beher­ber­gungs­verbot ist voraussichtlich unver­hält­nismäßig

Der 11. Senat ist dieser Argumentation im Ergebnis gefolgt. Das Beherbergungsverbot sei voraussichtlich unver­hält­nismäßig. Das Maß, in dem es voraussichtlich zur Eindämmung des Infek­ti­o­ns­ge­schehens beitrage, stehe in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Gewicht der daraus folgenden Einschränkungen der Berufsfreiheit der Antrag­stel­le­rinnen, aber auch der verfas­sungs­rechtlich geschützten allgemeinen Handlungs­freiheit der Personen aus Risikogebieten, denen ein Übernach­tungs­auf­enthalt oder Urlaub in Brandenburg verwehrt werde. Das Infek­ti­o­ns­ge­schehen könne innerhalb der Beher­ber­gungs­be­triebe etwa durch ein Hygienekonzept deutlich verringert werden. Zudem würden Gäste in Hotelzimmern oder Ferienwohnungen im Allgemeinen allein oder gemeinsam mit Personen ihres eigenen Haushalts übernachten. Der Besuch eines Hotel­re­staurants unterscheide sich nicht ersichtlich vom Besuch gastronomischer Einrichtungen außerhalb des Beher­ber­gungs­be­triebs, der nicht untersagt sei. Es sei ferner zu berücksichtigen, dass die Verordnung auch Tagesbesuche aus Risikogebieten nicht ausschließe. So könnten Familien mit schul­pflichtigen Kindern aus der Millionenstadt Berlin den ausgefallenen Urlaub in Brandenburg durch entsprechende Tagesausflüge kompensieren, dabei unter­schiedliche Ziele ansteuern und das Infek­ti­o­ns­risiko in der Fläche noch breiter streuen. Zudem gebe es einen erheblichen Anteil von Pendlern zwischen Berlin und Brandenburg. Hinter die damit verbundene Gefahr des Einschleppens von Infektionen nach Brandenburg trete die Infek­ti­o­ns­gefahr, die mit der angegriffenen Regelung verhindert werden soll, zurück.

Negativer Coronatest lässt Unver­hält­nis­mä­ßigkeit des Beher­ber­gungs­verbots nicht entfallen

Die Unver­hält­nis­mä­ßigkeit des Beher­ber­gungs­verbots entfalle auch nicht dadurch, dass sich potentielle Gäste durch Vorlage eines negativen Coronatests von dem Verbot befreien lassen könnten. Zum einen seien solche Tests insbesondere für Familien mit mehreren Kindern mit erheblichen, möglicherweise abschreckenden Kosten verbunden. Zum anderen sei es angesichts der derzeitigen Auslastung der Testkapazitäten zweifelhaft, ob ein entsprechendes Testergebnis fristgerecht zu erhalten sei. Im Übrigen habe auch das Robert-Koch-Institut bereits darauf hingewiesen, dass ein negativer Virus-Nachweis nur eine Momentaufnahme darstelle, die nicht zu einem falschen Sicher­heits­gefühl führen dürfe, und dass der zusätzliche Testbedarf durch Urlauber die Belas­tungs­si­tuation der Labore weiter verschärft habe.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, ra-online (pm/pt)

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