Dokument-Nr. 31989
Permalink https://urteile.news/
Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss03.05.2022
Zufahrt zu einem Hinterliegergrundstück besteht nicht uneingeschränktGewisse Beeinträchtigungen der Zufahrtbreite sind hinzunehmen
Der Umfang eines Geh- und Fahrtrecht muss sich immer am Einzelfall orientieren und besteht unter Umständen nicht uneingeschränkt. Bei der Zufahrt zu einem Hinterliegergrundstück sind damit gewisse Beeinträchtigungen der Zufahrtsbreite hinzunehmen. Darauf hat das Pfälzischen Oberlandesgericht in einem Hinweisbeschluss aufmerksam gemacht.
Ein Mann aus Hochspeyer erwarb ein sog. "Hinterliegergrundstück", das keinen eigenen Zugang zu einer öffentlichen Straße besitzt. Die Zufahrt zu dem Anwesen und den dazugehörigen fünf Garagen erfolgte ausschließlich über den Hof des benachbarten Grundstücks der Beklagten. Zur Absicherung des Zufahrtsrechts war im Grundbuch des Beklagtengrundstücks ein sog. "Geh- und Fahrrecht" zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Hinterliegergrundstücks eingetragen. Das Hofgelände zwischen den Gebäuden war groß genug, um bequem in alle Garagen hinein- und herauszufahren. Dies änderte sich, als die Beklagten auf ihrem Teil des Hofgrundstücks für ihre Mieter 2 PKW-Stellplätze entlang der Hauswand einrichteten. Waren die Stellplätze belegt, konnten die Garagennutzer nicht mehr wie gewohnt rangieren. Sie mussten gegebenenfalls rückwärts ein- oder ausfahren. Der Nachbar forderte deshalb die Beklagten auf, die Stellplätze zu entfernen und das Geh- und Fahrrecht wieder uneingeschränkt zu gewährleisten.
Klage nach Hinweisbeschluss in zweiter Instanz zurückgenommen
Das in 1. Instanz angerufene Landgericht Kaiserslautern wies die Klage ab, da die Garagen des Klägers weiterhin erreichbar waren und es nach Ansicht des Landgerichts keine Beeinträchtigung des Geh- und Fahrtrechts gab. Auf die hiergegen gerichtete Berufung wies das Pfälzische Oberlandesgericht den Kläger in einem sog. Hinweisbeschluss darauf hin, dass er beabsichtigt, seine Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Kläger nahm daraufhin die Berufung zurück. Zur Begründung führte das Pfälzische Oberlandesgericht aus: Wenn wie hier ein eingetragenes Geh- und Fahrrecht im Grundbuch nicht näher konkretisiert ist, können auch andere Umstände herangezogen werden, um den Umfang des Geh- und Fahrtrechts festzustellen. Hierzu sind z.B. die Gegebenheiten vor Ort und der Sinn und Zweck des Fahrtrechts zu berücksichtigen.
Garagen müssen mit üblichen Kraftfahrzeug in üblichen Bogenfahrt erreichbar sein
Die zwischen den Grundstücken liegende Hofdurchfahrt muss nach Ansicht des OLG jedenfalls breit genug sein, um mit einem üblichen Kraftfahrzeug in einer üblichen Bogenfahrt auch die hinterste der Garagen erreichen zu können. Da nach § 32 StVZO die höchstzulässige Breite von Kraftfahrzeugen allgemein 2,55 m beträgt, sollte die Zufahrtsbreite mindestens 3 m betragen, so das OLG. In Höhe des Bogens zu den links gelegenen Garagen sollte die Zufahrt etwas breiter sein. Hier orientierte sich das OLG an der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Garagenverordnung - GarVO - Rheinland-Pfalz und hielt eine Breite von mindestens 5 Metern für angemessen. Auch diese Vorgabe war nach den vorlegten Lichtbildern erfüllt.
Verpflichtung zur schonenden Ausübung der Grunddienstbarkeit
Das OLG verwies zudem darauf hin, dass § 1020 S. 1 BGB den Berechtigten zur schonenden Ausübung der Grunddienstbarkeit verpflichtet. In diesem Sinne hat es der Kläger hinzunehmen, dass die Beklagten ihr Eigentumsrecht ausüben und einen Teil ihres Grundstücks als PKW-Stellfläche nutzen, sofern sein Zufahrtsrecht dadurch nicht mehr als notwendig beeinträchtigt wird. Die damit für ihn und die Garagennutzer verbundene nachteilige Veränderung muss er hinnehmen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.07.2022
Quelle: Oberlandesgericht Zweibrücken, ra-online (pm/ab)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss31989
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.