03.12.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 29110

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Urteil06.08.2020Oberlandesgericht Stuttgart2 W 23/20
Vorinstanz:
  • Landgericht Stuttgart, Beschluss08.05.2020, 36 O 30/20
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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil06.08.2020

OLG Stuttgart untersagt Optik­fach­ge­schäften Werbung mit Brillengeschenk an Corona-HeldenGefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Werbeadressaten

Das Oberlan­des­gericht Stuttgart hat einem Unternehmen, das über 140 Augenoptik­fachgeschäfte in Deutschland betreibt, untersagt, mit Brillen­ge­schenken für Angehörige bestimmter Berufsgruppen auf seiner Internetseite zu werben.

Gegen diese im April 2020 erschienene Anzeige wehrt sich ein Verband, der nach seiner Satzung die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder fördert. Er strebt den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Untersagung der entsprechenden Werbung mit einer Gratisbrille für "unsere Helden- exklusiv für Pflegerinnen, Pfleger, Ärztinnen und Ärzte" an. Mit der Beschwerde wendet sich der Verband gegen die Zurückweisung seines Antrags durch das Landgericht Stuttgart.

Oberlan­des­gericht erlässt Unter­sa­gungs­ver­fügung

Demgegenüber liegen nach dem Beschwerdesenat die Voraussetzungen für den Erlass einer Unter­sa­gungs­ver­fügung und damit eines Werbeverbots vor. Diese folgt aus §§ 8 Abs. 3 Nr.2, 3, 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und § 7 Abs. 1 des Heilmit­tel­wer­be­ge­setzes (HWG). Bei der Werbung handle es sich um eine unlautere geschäftliche Handlung, da die kostenlose Abgabe von Brillen gegen § 7 Abs.1 HWG verstoße.

Danach ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) für Medizinprodukte wie Brillen anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, soweit die Werbemittel nicht unter die dort genannten Ausnah­me­tat­be­stände fallen. Nach dem OLG liege hier auch eine von dem Verbot erfasste Produktwerbung vor, da das Optik­un­ter­nehmen damit für sein Produkt­sor­timent mit bestimmten Kollektionen und Gläsern einer bestimmten Marke werbe. Somit liege hier nicht nur eine allgemeine Firmenwerbung, die nach dem HWG erlaubt ist, vor.

Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Werbeadressaten

Zudem handle es sich bei der kostenlosen Abgabe einer Brille, auch im Rahmen einer Dankesaktion für "Corona-Helden", um eine Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG. Von ihr gehe die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Werbeadressaten aus. Nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs werde eine unmittelbare Kopplung zwischen dem Erhalt der Werbegabe und einer Kaufent­scheidung für das Bestehen der Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung nicht vorausgesetzt. Vielmehr seien hier die Grundsätze der sog. Publi­kums­werbung anzuwenden, wonach allein die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Beschenkten ausreiche.

Gefahr, Produkte der Mitbewerber nicht in die Entscheidung mitein­zu­be­ziehen

Diese Gefahr liege hier nicht darin, dass der von der Werbung angesprochene Adressat eine Entscheidung über eine von ihm zu bezahlende Leistung trifft, die er sonst nicht in Anspruch genommen hätte, sondern darin, dass er sich für die Leistung (Brillengestell und Glas) entscheidet, ohne die Produkte der Mitbewerber in seine Entscheidung einzubeziehen. Daneben sei es denkbar, dass die Beschenkten aus Dankbarkeit weitere Brillen der Beklagten, wie z. B. eine Sonnenbrille, kostenpflichtig erwerben.

Zur Vermeidung einer Wieder­ho­lungs­gefahr hat das OLG daher der Beklagten die entsprechende Werbung mit der Gratisbrille untersagt.

Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart, ra-online (pm/pt)

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