18.10.2024
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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil08.06.2017

Schmerz­me­di­kament mit Vitamin-C-Beigabe darf nicht mit Zusatz "unterstützt das Immunsystem" beworben werdenHinweis auf zusätzliche Wirkungen darf nur für Zusätze innerhalb des zugelassenen Anwen­dungs­gebiets erfolgen

Das Oberlan­des­gericht Stuttgart hat entschieden, dass ein Arzneimittel­hersteller ein Schmerzmittel, in dem Vitamin C enthalten ist, nicht mit dem Zusatz "unterstützt das Immunsystem" bewerben darf.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens ist ein Verband, zu dessen Aufgaben unter anderem die Durchsetzung der Regeln des lauteren Wettbewerbs für seine Mitglieder gehört. Die Beklagte ist ein Arznei­mit­tel­her­steller. Das von ihr beworbene rezeptfreie Arzneimittel besteht aus 600 mg Acetyl­sa­li­cylsäure und 200 mg Ascorbinsäure (Vitamin C) je Brausetablette. Es ist für die Anwen­dungs­gebiete "leichte bis mäßig starke Schmerzen" unter anderem "im Rahmen von Erkäl­tungs­krank­heiten" und "Fieber" zugelassen. Der Kläger störte sich an der Werbeaussage

Erläuterungen
"Eine Extraportion Vitamin C unterstützt das Immunsystem" und nahm die Beklagte auf deren Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht Ulm wies die Klage in erster Instanz ab. Hiergegen richtete sich die Berufung des Klägers.

Aussage stellt Verstoß gegen Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb dar

Das Oberlan­des­gericht Stuttgart bejahte einen Verstoß gegen § 3 a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in Verbindung mit § 3 a des Heilmit­tel­wer­be­ge­setzes. Mit der Werbebotschaft, dass das enthaltene Vitamin C das Immunsystem unterstütze, weise die Beklagte auf ein Anwen­dungs­gebiet hin, für welches das Medikament nicht zugelassen ist. Die angesprochenen Verbraucher verstünden die Aussage als (unzulässige) Benennung eines weiteren Anwen­dungs­gebiets und nicht lediglich als (zulässigen) Hinweis auf weitere Wirkungen des Medikaments.

Zwar sei dem Landgericht zuzustimmen, dass ein - schmerzfreier - Verbraucher üblicherweise nicht der Idee verfallen würde, das Medikament der Beklagten zu wählen, wenn er sein (allgemein schwaches) Immunsystem stärken wolle. Jedoch werde ein Verbraucher, der Schmerzen verspürt und zugleich - in anderem Zusammenhang - die ärztliche Empfehlung zur Stärkung seines Immunsystems erhalten hat, möglicherweise zu dem Arzneimittel der Beklagten greifen.

Beigabe von Vitamin C dient lediglich Vermeidung von Nebenwirkungen der Acetyl­sa­li­cylsäure auf Magen­schleimhaut

Im Übrigen dürfe auf zusätzliche Wirkungen nur hingewiesen werden, wenn sie sich innerhalb des zugelassenen Anwen­dungs­gebiets entfalten. Daran fehle es vorliegend. Nach dem Vortrag der Parteien habe das Oberlan­des­gericht davon auszugehen, dass ein solcher Wirkungs­zu­sam­menhang bei Erkäl­tungs­krank­heiten nur bei Verbrauchern bestehe, die körperlichen Belastungen ausgesetzt sind. Der Kläger habe unwidersprochen vorgetragen, dass die Beigabe von Vitamin C den Zweck habe, Nebenwirkungen der Acetyl­sa­li­cylsäure auf die Magen­schleimhaut zu vermeiden. Der Beklagten gehe es nach ihrem eigenen Vortrag nicht um die Auslobung einer präventiven oder therapeutischen Wirkung von Vitamin C bei Erkältungen, sondern um die allgemeine Aussage, dass Vitamin C das Immunsystem stützt.

Relevante Normen:

§ 3 a des Heilmit­tel­wer­be­ge­setzes (HWG):

Unzulässig ist eine Werbung für Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und die nicht nach den arznei­mit­tel­recht­lichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten. Satz 1 findet auch Anwendung, wenn sich die Werbung auf Anwen­dungs­gebiete oder Darrei­chungs­formen bezieht, die nicht von der Zulassung erfasst sind.

§ 3 a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG):

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Markt­teil­nehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart/ra-online

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