Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Hersteller eines homöopathischen Arzneimittels, das vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als Präparat gegen "Entzündungen des Hals-Nasen-Rachenraumes und der Nasennebenhöhlen" zugelassen worden war, bewarb das Produkt im November 2014 in einer Zeitschrift unter anderem damit, dass es "schnell und effektiv" sowohl bei akutem Schnupfen als auch bei chronischer Sinusitis hilft und "abschwellend, entzündungshemmend und regenerierend auf die Nasenschleimhaut" wirkt. Festsitzender Schleim, so die Werbeanzeige, werde gelöst und Begleiterscheinungen wie Zerschlagenheit, Kopfdruck, Nies- und Juckreiz würden gelindert. Ein anderes homöopathisches Arzneimittel, das als Präparat gegen "nervös bedingte Störungen wie Schlafstörungen und Unruhezustände" zugelassen worden war, war vom Hersteller in der Zeitschrift unter anderem mit dem Hinweis beworben worden, das Präparat fördere "Gelassenheit und Ruhe"; es helfe überdies, den alltäglichen Herausforderungen wieder gestärkt entgegen zu treten, fördere die Selbstheilungskräfte, stelle das körperliche und seelische Gleichgewicht wieder her und biete eine effektive Unterstützung bei Unruhe , Nervosität und/oder Schlafstörungen.
Die auf Unterlassung dieser Werbeangaben gerichtete Klage wies das Landgericht Bad Kreuznach ab und führte zur Begründung aus, dass das Pharmaunternehmen für die Arzneimittel nicht mit einer Wirkung werbe, die außerhalb der zugelassenen Anwendungsgebiete liege.
Auf die Berufung des Klägers änderte das Oberlandesgericht Koblenz das Urteil jedoch teilweise ab und untersagte die Werbung für beide Produkte mit den vom Kläger beanstandeten Angaben weitgehend. Nach Auffassung der Richter ist die Werbung teils irreführend, weil die behauptete therapeutische Wirkung der Präparate vom zugelassenen Anwendungsgebiet nicht umfasst und auch nicht durch eine wissenschaftliche Abhandlung zweifelsfrei nachgewiesen sind.
Der Hinweis in der Werbung, das Präparat gegen Entzündungen des Hals-Nasen-Rachenraumes und der Nasennebenhöhlen helfe "schnell und effektiv" bei akutem Schnupfen sowie chronischer Sinusitis und wirke "regenerierend auf die Nasenschleimhaut", ist nach Auffassung des Gerichts als irreführend und damit unzulässig anzusehen, weil aus der Zulassung des Medikamentes durch das Bundesamt für Arzneimittel die behauptete schnelle Wirkung des Präparats nicht hergeleitet werden kann; außerdem ist eine "regenerierende Wirkung des Produkts auf die Nasenschleimhaut" vom Anwendungsgebiet der Zulassung nicht umfasst. Solche Wirkungsweisen hatte der Arzneimittelhersteller auch nicht durch Vorlage einer wissenschaftlichen Abhandlung zweifelsfrei belegen können. Hat ein Präparat die Hürde der Zulassung durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte genommen, kann allerdings grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die sich auf das zugelassene Anwendungsgebiet beziehenden Wirkungsangaben dem gesicherten Stand der Wissenschaft zum Zeitpunkt der Zulassung entsprechen, sodass vom Hersteller des Produkts hiermit auch geworben werden kann. Deshalb war es nach Auffassung des Gerichts auch nicht zu beanstanden, dass das Pharmaunternehmen für das Präparat gegen Sinusitis damit geworben hatte, dass es bei akutem Schnupfen helfe, abschwellend wirke und Begleiterscheinungen wie Zerschlagenheit, Nies- und Juckreiz und/oder Kopfdruck lindere.
Für das homöopathische Arzneimittel, das als Medikament gegen "nervöse Störungen wie Schlafstörungen und Unruhe sowie Verstimmungszustände" zugelassen ist, darf nach Auffassung des Gerichts nicht mit den Angaben geworben werden, dass das Präparat Gelassenheit fördere, es helfe, den alltäglichen Herausforderungen wieder gestärkt entgegenzutreten, es die Selbstheilungskräfte fördere und das körperliche und seelische Gleichgewicht wieder herstelle. Denn auch diese Werbeaussagen sind weder vom zugelassenen Anwendungsgebiet des Medikaments umfasst, noch hat der Arzneimittelhersteller eine entsprechende Wirksamkeit des Arzneimittels anderweitig zweifelsfrei belegen können.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.04.2016
Quelle: Oberlandesgericht Koblenz/ra-online