Oberlandesgericht Stuttgart Urteil27.02.2001
Einmalige körperliche Misshandlung im Affekt aufgrund eines Streits rechtfertigt keine sofortige ScheidungFortsetzung der Ehe bis zum Ablauf des Trennungsjahrs zumutbar
Kommt es im Rahmen eines Streits im Affekt zu einer einmaligen körperlichen Misshandlung, so macht dies die Fortsetzung der Ehe bis zum Ablauf des Trennungsjahrs nicht unzumutbar im Sinne des § 1565 Abs. 2 BGB. Ein Recht zur sofortigen Scheidung besteht daher nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall kam es zwischen einer Mutter und ihrer Tochter zu einer handfesten Auseinandersetzung. Nachdem sich der Vater in den Streit einmischte, weitete sich die Auseinandersetzung auf die Ehegatten aus. Dabei kam es in einem Affekt zu einer körperlichen Misshandlung der Ehefrau durch den Ehemann. Diese nahm den Vorfall zum Anlass, um sich sofort noch vor Ablauf des Trennungsjahrs von ihrem Ehemann scheiden zu lassen.
Fortsetzung der Ehe zumutbar bei einmaliger körperlicher Misshandlung im Affekt aufgrund eines Streits
Das Oberlandesgericht Stuttgart verneinte ein Recht zur sofortigen Scheidung gemäß § 1565 Abs. 2 BGB. Der Ehefrau sei trotz der tätlichen Auseinandersetzung die Fortsetzung der Ehe bis zum Ablauf des Trennungsjahrs zumutbar gewesen. Zwar stellen körperliche Misshandlungen eines Ehegatten regelmäßig ein schwerwiegendes eheliches Fehlverhalten dar. Im vorliegenden Fall sei aber zu beachten gewesen, dass kein grundloser Angriff des Ehemanns aus heiterem Himmel vorgelegen habe. Es habe sich vielmehr um einen Affekt gehandelt, zu dem die Ehefrau einen wesentlichen Beitrag geleistet habe. Eine im Affekt begangene einmalige körperliche Misshandlung mache die Fortsetzung der Ehe bis zum Ablauf des Trennungsjahrs nicht unzumutbar.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.07.2015
Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart, ra-online (zt/FamRZ 2002, 239/rb)