Im zugrunde liegenden Fall sagte ein Patient vier Stunden vor dem Behandlungstermin bei einem Arzt (hier: Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen) wegen eines dringenden Gerichtstermins bei diesem ab. Gleichzeitig wurde ein neuer Behandlungstermin vereinbart. Bei einem vorgegangenen Termin hatte der Arzt dem Patienten einen Anamnesebogen vorgelegt, der neben verschiedenen Fragen zu Vorerkrankungen den folgenden vorgedruckten Hinweis enthält:
" Wir bitten darum, Terminänderungen bzw. Terminabsagen uns mindestens 24 Stunden, bei Vollnarkoseeingriffen 3 Tage vorher mitzuteilen. Andernfalls sind wir berechtigt, Ihnen eine Ausfallzeitgebühr zu berechnen. "
Der Arzt verlangt von dem Patienten den vertraglich vereinbarten Honoraranspruch in Höhe von 5.916,49 EUR; zumindest aber Schadensersatz, weil er wegen der Kurzfristigkeit der Absage die freigewordene Zeit nicht habe anderweitig gewinnbringend nutzen können.
Das Oberlandesgericht Stuttgart wies die Klage des Arztes ab. Der Arzt könne weder den vertraglichen Honoraranspruch oder Schadensersatz beanspruchen.
Unter welchen Voraussetzungen einem Arzt für den Fall der Absage eines fest vereinbarten Behandlungstermins seitens den Patienten Ansprüche auf das Behandlungshonorar zustehen, bestimmt sich nach § 615 BGB i.V. mit den Bestimmungen der jeweiligen Gebührenordnung (GOÄ bzw. GOZ).
Im vorliegenden Fall stehe einem Anspruch nach § 615 BGB aber bereits der Umstand entgegen, dass die Parteien den für den 5.7.2005, 13.00 Uhr vereinbarten Termin im Einvernehmen auf einen späteren Zeitpunkt (5.9.2005) verlegt haben. Durch diese Terminsänderung war für die Mitwirkungshandlung des Beklagten i.S. des § 296 BGB nicht mehr der 5.7.2005, sondern der 5.9.2005 maßgeblich. Daher konnte am 5.7.2005 kein Annahmeverzug mehr eintreten. Dass der Kläger zu dieser Terminsänderung nur bereit gewesen sein mag, weil sich der Beklagte durch ein Beharren auf dem Termin - möglicherweise - nicht hätte umstimmen lassen, ist für die rechtliche Beurteilung im Rahmen des § 615 BGB ohne entscheidende Bedeutung.
Im übrigen seien auch Zweifel im Hinblick auf das freie Kündigungsrecht des Patienten (§§ 621 Nr.5, 627 BGB) und im Hinblick auf den Zweck einer Terminsvereinbarung angebracht, zumal auch Ärzte und Zahnärzte ihren Patienten nicht selten erhebliche Wartezeiten ohne Ausgleich für entgangenen Verdienst abverlangen.
Einen Schadenersatzanspruch nach § 252 BGB lehnten die Richter ebenfalls ab. Ein Schaden könne dem Kläger durch die Pflichtverletzung des Beklagten nur insoweit entstanden sein, als er bei rechtzeitiger Terminsabsage einen „Ersatzpatienten“ hätte behandeln können und behandelt hätte, den er tatsächlich nicht behandeln konnte und nicht behandelt hat. Dies müsse im Rahmen des § 252 Satz 2 BGB zumindest als wahrscheinlich anzunehmen sein. Nach dem Sachvortrag der Parteien sei dies aber nicht der Fall.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.01.2008
Quelle: ra-online