Im zugrunde liegenden Streitfall hatte das Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts über den Todeszeitvermerk in den Sterbeurkunden der im Februar 2009 in Harrislee ermordeten Mutter und Tochter zu entscheiden.
Der Ehemann und Vater, der inzwischen rechtskräftig wegen Mordes verurteilt worden ist und die Strafe verbüßt, hat sowohl das Erbe nach der Frau als auch nach der Tochter ausgeschlagen. Seine Eltern sind jedoch an dem Erbe interessiert und streiten um die Todeszeitpunkte der beiden Ermordeten. Denn nur, wenn die Enkeltochter zeitlich nach ihrer Mutter gestorben ist, hat diese das Vermögen ihrer Mutter geerbt und dann wiederum sind die Großeltern nach der Enkeltochter erbberechtigt. Ist die Mutter jedoch nach der Tochter verstorben, so haben die Großeltern väterlicherseits an dem Vermögen der Mutter keinen Anteil.
Das Standesamt hatte zunächst in den Sterbeurkunden als Todeszeitpunkte für die Mutter 20.25 Uhr vermerkt und für die Tochter 20.15 Uhr. Diese Angaben beruhten auf den Sterbefallanzeigen der Kriminalpolizei und stimmten mit den Zeitpunkten überein, zu denen der nach der Tat herbeigerufene Notarzt die Reanimationsversuche abgebrochen hatte. Dieser hatte zunächst vergeblich versucht, das Kind zu reanimieren, bevor er einen Reanimationsversuch bei der Mutter unternahm.
Die Antragsteller – die Eltern des Mörders – hatten zunächst beim Amtsgericht Flensburg beantragt, die Sterbeurkunden dahin zu ändern, dass ihre Enkeltochter nach der Mutter verstorben sei. Das Amtsgericht wies den Berichtigungsantrag zurück mit der Begründung, dass im Sterbeeintrag nur konkrete Uhrzeiten eingetragen werden könnten, eine vergleichende Todeszeiteintragung, die auf den Tod einer anderen Person mit „früher als“ oder „später als“ Bezug nehme, sei unzulässig.
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Flensburg legten die Eltern Beschwerde ein und beantragten festzustellen, dass die Enkeltochter um 18.55 Uhr und deren Mutter um 18.50 Uhr verstorben sei. Nach einem Hinweis des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts, dass sie mit diesen Anträgen keinen Erfolg haben würden, beantragten sie zuletzt nur noch, die Sterbeurkunden dahingehend zu ändern, dass die Enkeltochter zwischen 18.30 Uhr und 20.15 Uhr gestorben sei und deren Mutter zwischen 18.30 Uhr und 20.25 Uhr. Ihre bisherigen Anträge ließen die Antragsteller fallen.
Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat dem zuletzt gestellten Antrag stattgegeben. Zur Begründung führt das Oberlandesgericht aus, dass nach dem Personenstandsgesetz nur Tag, Stunde und Minute des Todes im Sterberegister beurkundet werden können. Vom Gesetz nicht vorgesehen ist ein vergleichender Eintrag, wonach etwa die Tochter später gestorben ist als ihre Mutter. Auch die von den Großeltern väterlicherseits beantragten Todeszeitpunkte 18.55 Uhr und 18.50 Uhr sind nicht überprüfbar. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der für den Todeszeitpunkt maßgebliche Hirntod bei der Mutter exakt um 18.50 Uhr und bei der Tochter exakt um 18.55 Uhr eingetreten ist. Da sich nach Stunde und Minute genau nicht feststellen lässt, wann der Hirntod jeweils eingetreten ist, kommt nur die Eintragung eines bestimmten Zeitraums in Betracht. Da der Mörder um 18.30 Uhr das gemeinsame Einfamilienhaus betreten hatte, in dem sich Mutter und Tochter befanden, ist es sicher, dass beide zu diesem Zeitpunkt noch gelebt hatten. Sicher ist auch, dass beide bei Abbruch der jeweiligen Reanimationsversuche um 20.15 Uhr bzw. 20.25 Uhr durch den Notarzt nicht mehr gelebt hatten. Da eine nähere Eingrenzung zwischen diesen beiden Zeitpunkten auf bloße Mutmaßungen hinaus laufen würde, ist nur der sicher bekannte Zeitraum des Todeseintritts zwischen 18.30 Uhr und 20.15 Uhr bzw. 20.25 Uhr im Sterberegister einzutragen. Ob die Mutter oder die Tochter zuerst gestorben sind, ist damit nicht über den Eintrag im Sterberegister geklärt. Die Frage wird dort zu klären sein, wo auch das eigentliche Interesse der Antragsteller liegt, nämlich im Verfahren über die erbrechtliche Auseinandersetzung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.02.2011
Quelle: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein/ra-online