14.11.2024
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Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil01.03.2011

Spontane Äußerungen von Unfall­be­tei­ligten am Unfallort sind kein Schuld­a­n­er­kenntnisRechtliche Tragweite eines Schuld­ein­ge­ständ­nisses muss für den juristischen Laien erkennbar sein

Äußert sich ein Unfall­be­tei­ligter spontan am Unfallort zum Unfallhergang, kann dies nicht als Schuld­ein­ge­ständnis ausgelegt werden. Für eine entsprechende rechtswirksame Erklärung muss auch aus Sicht eines in Rechtsfragen unerfahrenen Laien die rechtliche Tragweite erkennbar sein. Dies könne etwa bei Vorliegen eines Schuld­ein­ge­ständ­nisses in schriftlicher Form angenommen werden. Dies stellte das Saarländische Oberlan­des­gericht fest.

Im vorliegenden Fall kam es zwischen einem am Fahrbahnrand geparkten BMW und einem vorbeifahrenden Peugeot zu einem Zusammenstoß. Der BMW ragte leicht in die Fahrbahn hinein, als der aus gleicher Fahrtrichtung kommende Peugeot das parkende Fahrzeug streifte und es zu Schäden an beiden Fahrzeugen kam. Im anschließenden Rechtsstreit sollte die Unfallschuld geklärt werden.

Mündliches Schuld­a­n­er­kenntnis am Unfallort

Der Kläger behauptete, die Fahrerin des BMW habe das Fahrzeug leicht schräg eingeparkt, damit ihre Mutter leichter aussteigen konnte. Die Durchfahrt anderer Fahrzeuge sei jedoch nicht behindert gewesen. Der Peugeot habe sich mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit genähert und beim Versuch, einem auf der Straße liegenden Baumes auszuweichen, das stehende Fahrzeug gerammt. Die Beklagten gaben hingegen an, die Fahrerin des BMW sei ohne Setzen des Blinkers in den fließenden Verkehr eingefahren. Die Fahrerin des BMW habe sogar eingeräumt, den Unfall verursacht zu haben.

BMW-Fahrerin verstößt gegen Vorrecht des fließenden Verkehrs

Das Gericht stellte auf Grundlage eines Gutach­ter­urteils die Schuld der BMW-Fahrerin fest. Ein Geschwin­dig­keits­verstoß der Peugeot-Fahrerin konnte nicht nachgewiesen werden. Alleine die Betriebsgefahr, die der Fahrerin des Peugeot hier anzulasten wäre, würde hinter den Verkehrsverstoß der BMW-Fahrerin zurücktreten. Wer vom Fahrbahnrand in den Verkehr einfahren will, der muss sich vergewissern, dass einer Gefährdung anderer Verkehrs­teil­nehmer ausgeschlossen ist. Die Vorschrift § 10 StVO verlange die Beachtung der strengsten Sorgfalt, da sie dem Anfahrenden auferlegt, nur dann zu fahren, wenn die Gefährdung anderer Verkehrs­teil­nehmer ausgeschlossen ist. Die Fahrerin hatte den Blinker nicht gesetzt und damit gegen das Vorrecht des fließenden Verkehrs verstoßen.

Mündliche Äußerungen am Unfallort sind kein rechtskräftiges Schuld­ein­ge­ständnis

Im Grundsatz seien nach Vortrag des Gerichts alle spontanen Äußerungen der Unfall­be­tei­ligten an der Unfallstelle über die Schuldfrage zurückhaltend zu bewerten (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.06.2008 - I-1 U 246/07 - = OLG Düsseldorf, NJW 2008, 3366). Die Parteien müssen die Tragweite ihrer Erklärungen aus Sicht eines in Rechtsfragen unerfahrenen Laien erkennen können. Ein solches Bewusstsein sei in der Regel dann vorhanden, wenn die Aussagen in schriftlicher Form erfolgten. Im vorliegenden Fall habe die Fahrerin des BMW keine Schuld eingestehende Erklärung abgegeben, sondern lediglich das Unfallgeschehen geschildert. Die Frau habe auch eine schriftliche Schuld­a­n­er­kennung vor Ort, die ihr von der Fahrerin des Peugeot vorgelegt wurde, abgelehnt.

Quelle: Oberlandesgericht Saarbrücken/ra-online (vt/st)

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