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- Landgericht Saarbrücken, Urteil12.05.2023, 1 O 226/21
Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil20.10.2023
Vorrang des Rechtsabbiegers umfasst Wahl zwischen mehreren Fahrspuren zur WeiterfahrtKein Vertrauen des Linksabbiegers auf Nutzung der rechten Fahrspur durch Rechtsabbieger
Der Vorrang des Rechtsabbiegers umfasst auch die Wahl zwischen mehreren Fahrspuren zur Weiterfahrt. Der Linksabbieger darf also nicht darauf vertrauen, dass der Rechtsabbieger zur Weiterfahrt die rechte Fahrspur nutzt. Dies hat das Oberlandesgericht Saarbrücken entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2021 kam es auf einer Kreuzung in Saarbrücken zwischen zwei Pkw zu einem Verkehrsunfall. Der Fahrer eines VW Polo bog nach rechts ab und wollte zur Weiterfahrt die linke Fahrspur nutzen. Zur gleichen Zeit bog ein entgegenkommender Linksabbieger ebenfalls in die linke Fahrspur ab. Der Linksabbieger ging davon aus, dass der Polo-Fahrer zur Weiterfahrt die rechte Fahrspur nutzen würde. Der Linksabbieger klagte schließlich auf Zahlung von Schadensersatz. Das Landgericht Saarbrücken wies diese ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.
Missachtung der Wartepflicht des Linksabbiegers
Das Oberlandesgericht Saarbrücken führte zum Fall aus, dass der Kläger gegen § 9 Abs. 4 StVO verstoßen habe, in dem er die für Linksabbieger geltende Wartepflicht missachtet habe. Der Kläger hätte den Abbiegevorgang des Beklagten abwarten müssen. Dabei spiele keine Rolle, dass der Beklagte zur Weiterfahrt die linke Fahrspur nutzen wollte. Wer nach links in eine Straße mit mehreren Fahrspuren abbiegt, dürfe grundsätzlich nicht darauf vertrauen, ein entgegenkommender Rechtsabbieger werde nur in den für ihn rechten Fahrstreifen einbiegen. Etwas anderes könne gelten, wenn der Rechtsabbieger den Anschein erweckt, er wolle nicht den linken Fahrstreifen nutzen. So lag der Fall hier aber nicht.
Kein Vorliegen eines Fahrstreifenwechsels durch Rechtsabbieger
Nach Ansicht des Oberlandesgericht habe der Beklagte nicht gegen § 7 Abs. 5 StVO verstoßen, da insofern kein Fahrstreifenwechsel im Sinne der Vorschrift vorgelegen habe. Der Vorrang des Rechtsabbiegers gegenüber dem wartepflichten Linksabbieger umfasse auch die Wahl zwischen mehreren Fahrspuren. Daher liege auch kein Verstoß gegen das Gebot, sich rechts einzuordnen oder gegen das Rechtsfahrgebot vor.
Sorgfaltsverstoß des Rechtsabbiegers wegen Erkennbarkeit der Missachtung der Wartepflicht
Das Oberlandesgericht lastete dem Beklagten aber ein Sorgfaltsverstoß gemäß § 1 Abs. 2 StVO an, da die Missachtung der Wartepflicht durch den Kläger erkennbar gewesen sei. Der Beklagte hätte also den Abbiegevorgang zumindest verlangsamen müssen. Dieser Verkehrsverstoß wiege aber nicht so schwer, wie der Vorfahrtsverstoß des Klägers, so dass eine Haftungsverteilung von 70 % zu 30 % zu Lasten des Klägers angemessen sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.01.2024
Quelle: Oberlandesgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)
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